Selten war der Informationsbedarf zu Themen rund um die Energie- und Wärmewende größer als in den letzten Wochen, nachdem die Tinte unter der heiß diskutierten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gerade getrocknet war. Geht es doch praktisch um nichts Geringeres als um die Frage, womit 40 Millionen Haushalte künftig heizen sollen. Anders als derzeit, ist da nur die schnellste Antwort. Dementsprechend war das vom PR-Büro Waldecker bereits zum 21. Mal organisierte Event mit 35 internationalen Baufachjournalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auch besonders gut besucht. Sie bestätigten das große Interesse an dem breiten Themenspektrum, das mehr zu bieten hatte als die Wege zur zukunftsweisenden Wärmerzeugung. Weitere Vorträge handelten von Möglichkeiten zur Emissionsreduzierung und Effizienzsteigerung, also auch von den Themen, die die Ofenbranche unmittelbar betreffen. Am Ende ging es sogar um nichts Geringeres als die Frage, ob und wie „die Rettung der Welt“ oder zumindest einer für den Menschen lebenswerten Umwelt noch gelingen kann.
Emissionsminderung
Zunächst referierte Dipl.-Ing. Michael Erlhof als Seminarleiter der Raab-Gruppe über Maßnahmen zur Emissionsminderung im gewerblichen und privaten Bereich. Das Thema wird spätestens im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Überarbeitung der 1. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) erhöhte Aufmerksamkeit bekommen. Erlhof stellte die jüngsten Neuheiten von Raab und der Tochtergesellschaft Kutzner+Weber vor, die bereits seit Jahrzehnten Produkte wie elektrostatische Staubabscheider und automatische Klappensysteme sowie Rauchsauger zur Regulierung der Schornsteinzugverhältnisse entwickelt und produziert. Das Unternehmen ist nicht das einzige am Markt, das lange Zeit aus eigenem Antrieb und mit hohem personellem wie wirtschaftlichem Engagement im Vorgriff Pionierarbeit für den Umweltschutz betrieben hat.
Auch die Firma Schräder, deren Projektleiter Dipl.-Ing. Jan Kramp auf dem Symposium über die großen Potenziale der Wärmerückgewinnung für Gewerbe und Industrie referierte, hat hier aus idealistischem Ansporn des Firmeninhabers Karl-Heinz Schräder heraus seit vielen Jahren eigeninitiativ Produkte entwickelt und Kompetenzen aufgebaut. Bislang brauchte es allerdings mangels gesetzlicher Vorschriften, diese Technologien flächendeckend einzusetzen, immer auch auf Bauherrenseite entsprechende „Überzeugungstäter“, die bereit waren, im Dienste des Umwelt- und Gesundheitsschutzes entsprechende Mehrinvestitionen freiwillig zu tätigen. Inzwischen gibt es Anzeichen, dass eine neuerlich novellierte BImSchV den damit verfügbaren Stand der Technik verpflichtend vorschreiben könnte.
Für die Wohnraumbeheizung steht ein breites Spektrum an regenerativen Technologien zur Verfügung, wie auch auf dem Symposium deutlich wurde. Ein erfolgversprechender Weg zur Energie- und Wärmewende wird nur über kluge, auf die individuelle Situation abgestimmte Maßnahmen führen. Alle am Symposium beteiligten Referenten zeigten auf, dass es dafür schon heute oft klügere Möglichkeiten für Hauseigentümer gibt, als sie im Zusammenhang mit dem GEG gern besonders plakativ herausgestellt werden. Neben der medial favorisierten Wärmepumpe stellen zum Beispiel Hybridsysteme für den Gebäudebestand intelligentere und oft auch wirtschaftlichere Konzepte dar als „All Electric“, wie Franz Killinger als Vertriebsleiter und Michael Beckmann als Leiter Produktmanagement des Heiztechnikherstellers Remeha aufzeigten.
Holz- und Pelletfeuerung
Markus Schlichter, stellvertretender Vorstand Technik des ZIV – Bundesverband des Schornsteinhandwerks beleuchtete die nationalen und internationalen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Holz- und Pelletfeuerung, gerade auch vor dem Hintergrund des aktuellen Stands von GEG und BEG. Dabei thematisierte er auch mögliche zukünftige Anforderungen für Emissionsgrenzwerte. Auf seinen Vortrag wollen wir hier wegen der Relevanz für die Ofenbranche etwas ausführlicher eingehen. Schlichter wies darauf hin, dass die am 22.9.2021 veröffentlichten WHO-Leitlinien zur Luftqualität und zum Gesundheitsschutz vor Feinstaubbelastungen eine erhebliche Verschärfung der Grenzwerte zur Folge haben könnten, denn darin wurden die Empfehlungen für die Belastungen mit Feinstaub zum Teil massiv abgesenkt. Die empfohlenen Grenzwerte für Feinstaub PM2.5 liegt nun bei 5 statt bisher 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (zum Vergleich: der aktuelle EU-Grenzwert liegt bei 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft) und für Feinstaub PM10 bei 15 statt bisher 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (aktueller EU-Grenzwert: 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft). Bisher war eine Grenzwertüberschreitung in Deutschland an öffentlichen Messstellen an drei, maximal vier Tagen pro Jahr erlaubt (zum Vergleich: EU-weit war eine Grenzwertüberschreitung an 35 Tagen pro Jahr zulässig), die bei den heute geltenden Feinstaub-Grenzwerten durch bisher erzielte Luftreinhaltemaßnahmen fast überall eingehalten wurden. Würden die Empfehlungen der in Deutschland 1:1 umgesetzt, wären die Grenzwerte an den Messstellen bei PM2,5 im Jahresmittel allerdings zu 99/100 Prozent überschritten! Im Rahmen des EU Green Deal spricht sich das Referat für Saubere Luft und Städtepolitik in der Europäischen Kommission unter anderem dafür aus, die Bestimmungen für Überwachung, Modellierung und Luftqualitätspläne zu verschärfen, um lokale Behörden dabei zu unterstützen, die Vorgaben für sauberere Luft zu erreichen. Dabei wird sie insbesondere eine Überarbeitung der Luftqualitätsnormen vorschlagen, um diese stärker an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation anzupassen. Für die Umsetzung würden laut Schlichter auf europäischer Ebene derzeit drei Politikoptionen hinsichtlich Machbarkeit, Kosten, Bruttonutzen und gesundheitlichen Auswirkungen diskutiert. Dabei geht es auch um mögliche Zwischenziele, bis die Sterblichkeit auf dem WHO-Leitwertniveau angelangt ist.
Der für das Schornsteinfegerhandwerk zuständige ZIV hat zu der aktuellen Diskussion folgende Positionen und folgenden Fahrplan entwickelt, den er als Verband auch auf politischer Ebene einbringt: Kritisch bewertet wird, dass der Gesamtstaubwert im PM 2.5 μg/m³ keine Aussage dazu macht, wie viel davon auf Feuerstätten entfällt. Ein Realstaubwert fehlt. Etwa 25–30 Prozent in Abhängigkeit der Studien fallen auf Feuerstätten. Laut ZIV wäre ein Grenzwert von 15 μg/m³ nach Austausch der 3,5 Millionen Altgeräte möglich. Einzelraumfeuerstätten und moderne Heizungsanlagen für feste Brennstoffe erreichen die Grenzwerte der 1. BImSchV in der Regel problemlos, eine Novelle der 1. BImSchV, die 2025 ansteht, sollte abgewartet werden. Die Betreiberberatung durch einen Schornsteinfeger individuell vor Ort sieht der Verband als einen elementaren Punkt an. Der WHO-Leitwert von
5 μg/m³ ist nur mit Partikelabscheider und Katalysator möglich und ist auch im Zusammenhang mit der angestrebten Klimaneutralität bis 2045 zu sehen.
Fördermittel für Wohnraumlüftungen mit Wärmerückgewinnung
Im vorletzten Vortrag schilderte Jochen Hofmann, Leiter der Digitalen Akademie beim Gastgeber Pluggit, die aktuelle Fördermittelsituation für Wohnraumlüftungen mit Wärmerückgewinnung, wie sie auch von seinem Unternehmen hergestellt und vertrieben werden. Nachdem kontrollierte Wohnraumlüftungen inzwischen im Neubau fast grundsätzlich zum Einsatz kommen, sind Fördermittel ein breitflächiges Unterstützungsinstrument für Investitionen in den Bausektor. So sind Lüftungsanlagen untre anderem nach § 35c des Einkommensteuergesetzes oder/und nach der Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung (ESanMV) ebenso steuerlich förderfähig wie die Kosten für eine Energieberatung und die energetische Sanierung von zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden. Auch da wird die Erneuerung oder Nachrüstung einer Lüftungsanlage gefördert. Absetzbar sind die Aufwendungen für den Einbau bzw. die Installation, die Aufwendungen für die Inbetriebnahme von Anlagen und die Aufwendungen für notwendige Umfeldmaßnahmen, wozu die Baustelleneinrichtung, aber auch Rüstarbeiten und bautechnische Voruntersuchungen zählen. Darüber hinaus wurden 2023 13 Milliarden Euro im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude bereitgestellt, die unter Berücksichtigung der technischen Mindestanforderungen für die Lüftungsanlagen ebenfalls im Rahmen der Einzelmaßnahmenförderung genutzt werden können. Ebenfalls im Rahmen des BEG Wohngebäude stehen KfW-Mittel für den „klimafreundlichen Neubau (KFN)“ zur Verfügung. Dieser Fördertopf beinhaltete allerdings lediglich 750 Mio. Euro. Ein weiterer BEG-Zuschuss kann aus der Effizienzhäuser Sanierung EE- Klasse erfolgen, wenn er für die Wärmerückgewinnung bei Lüftungsanlagen genutzt wird. Wohnraumlüftungen mit Wärmerückgewinnung haben ein beachtliches CO₂-Einsparpotenzial, das für ein 100 Quadratmeter großes Beispielgebäude mit zirka 50 bis 630 kg/Jahr angegeben wurde. Abschließend informierte Hofmann über das „Qualitätssiegel nachhaltiges Gebäude (QNG) & Nachweis KFWG“ sowie über spezielle KfW-Förderprogramme für den kommunalen Wohnungsbau und Sanierungskredite. Im Zuge der Fördermaßnahmen wurden auch Programme für „Worst-Performing- Building“ (WPB – ein Gebäude das auf Grund des energetischen Sanierungsstandes seiner Bauteilkomponenten zu den energetisch schlechtesten 25 Prozent des deutschen Gebäudebestandes gehört) definiert für die weitere KfW-Förderprogramme winken.
Nachhaltigkeit
Ging es in den vorangegangenen Vorträgen um die vielfältigen Möglichkeiten, energetische Verbesserungen und auch Reduzierungen der Umweltbelastung zu erreichen, so musste einen der letzte Vortrag des Tages nachdenklich stimmen. Er trug den Titel „Nachhaltigkeit diesseits und jenseits des Gebäudebereichs – sind wir alle noch zu retten?“. Referentin war Prof. Dr. Estelle L. A. Herlyn, Leiterin des Kompetenz Centrums für nachhaltige Entwicklung an der FOM Hochschule Düsseldorf. Sie kritisierte global nicht zielführende Maßnahmen und aktionistische Symbolpolitik, vor allem in Deutschland. Die Zeit zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels würde drängen, während man sich hier mit verschwenderischem Kapitaleinsatz im global wirkungslosen Klein-Klein erginge. Trotzdem wolle sie nicht nur Resignation erzeugen. Deshalb präsentierte sie abschließend einen Katalog wirkungsvoller Maßnahmen wie globale Wiederaufforstungsprogramme, einen weltweiten Emissionshandel, aber auch Investitionen in die Verbesserung von Bildungs- und Sozialstandards in Entwicklungs- und Schwellenländern, um nur einige Punkte zu nennen. Sie greift damit Positionen ihres Kollegen Prof. Dr. Dr. Dr. Franz Josef Radermacher auf, der auf dem Symposium im vergangenen Jahr als eindringlicher Mahner für sinnvollen globalen Umweltschutz referierte.