Handwerksarbeiten in denkmalgeschützten Objekten sind stets eine besondere Herausforderung für die ausführenden Personen. Da bildete die nachfolgend beschriebene Sanierung eines historischen Backofens am Schloss Großgründlach keine Ausnahme. Mit der Aufgabe betraut war der „Backofenmeister“ Daniel Reisinger, und der scharte eine tatkräftige Truppe freiwilliger Helfer um sich.
Bereits im Vorfeld fanden zwei detaillierte Besichtigungstermine statt, bei denen das Vorgehen umfassend geplant und mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt wurde. Die eigentliche Renovierung begann am Montag, dem 4. November, um acht Uhr und war am
7. November abgeschlossen. Unterstützt wird Daniel Reisinger dabei von zwei bis vier Helfern des Vereins „Vorstadtverein Alt-Gründlach e. V.“, der sich für den Erhalt des regionalen Kulturerbes einsetzt. Die Arbeiten finden täglich von acht bis zirka 16 Uhr statt.
In den rund 700 Jahren seines Bestehens durchlebte das Schloss Großgründlach, gelegen im gleichnamigen Ort zwischen Nürnberg und Erlangen, eine wechselvolle Geschichte. Gegründet wurde es auf den dicken Mauern einer Burg aus dem 14. Jahrhundert, im Laufe der Jahrhunderte ist es abgebrannt, wurde um- und wieder neu aufgebaut – zuletzt nach einem Bombenangriff im 2. Weltkrieg, der zu Schäden am Dach, den Fenstern, Türen und Stuckdecken führte. Das Schloss mit den barocken Außenanlagen gehört seit 1766 der Adelsfamilie Haller von Hallerstein und seit 1873 der Sigmund Freiherr von Hallerschen Familienstiftung, die es auch heute noch bewirtschaftet. Die kostspieligen Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass Großgründlach heute zu den besterhaltenen Schlössern und Herrensitzen des Nürnberger Umlands zählt. Selbstverständlich steht die gesamte Schlossanlage unter Denkmalschutz.
Irgendwann im Laufe der turbulenten Historie, mutmaßlich um das Jahr 1816 herum, kam der Backofen im dem Schloss vorgelagerten Wächterhaus hinzu, das in seiner heutigen Bauform Ende des
18. Jahrhunderts auf Betreiben des damaligen Schlossherrn Joh. Sigmund Haller von Hallerstein ein zuvor an gleicher Stelle befindliches eingeschossiges Gebäude ersetzte. Nach langer Zeit intensiver Nutzung war der Backofen unbrauchbar geworden, und natürlich waren durch die lange Nichtnutzung seither weitere Schäden entstanden. Im Oktober dieses Jahres sollte der Backofen nun voll funktionsfähig wiederhergestellt werden. Also hieß es für den in der Region bekannten Daniel Reisinger: „Backofenmeister, übernehmen Sie!“ In Abstimmung mit dem Denkmalamt wurde der Arbeitsumfang detailliert besprochen. Im Vordergrund stand eine weitestmöglich konservative Sanierung des Backofengewölbes und der Deckenzüge, bei der auch einige wenige technische Optimierungen vorgenommen werden sollten, sofern sie mit dem Denkmalcharakter vereinbar waren. Beispielsweise war der ursprüngliche Deckenzug viel zu groß bemessen. Reisinger plante hier einen neuen, zweizügigen mit 20x16er-Querschnitt, der zudem eine ordentliche Dämmung bekam. Bei der Gelegenheit wurde auch ein in den ursprünglichen Deckenzug eingebauter Holzbalken ausgekehlt. „Ein Wunder, dass der nicht in Brand geraten ist,“ so Reisinger, „dieses Detail entsprach so gar nicht den Brandschutzbestimmungen heutiger Fachregeln, und die sind in diesem Punkt nicht ohne Grund so streng.“ Die eigentlich viel zu große Esse sollte dagegen als zeittypisches Relikt erhalten bleiben. Auch wurde der sichtlich „benutzte Zustand“ des Backofens bewusst nicht beseitigt, sodass nach wie vor an der Backraumöffung erhebliche Rußablagerungen zu sehen sind, die vom Rauchaustritt in die darüber befindliche trichterförmige Esse zeugen. Besucher, die den Ofen heute sehen, könnten deshalb allein aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes kaum erkennen, dass hier überhaupt eine Sanierung stattgefunden hat.
Im Inneren des Backofens wurde allerdings von Daniel Reisinger durchaus eine gründliche Reinigung des Gewölbes vorgenommen – ein erwartbar besonders schmutziger Teil der Arbeit. Die Entfernung dicker Rußkrusten und von lockerem Mörtelverstrich und abgeplatztem Gewölbematerial war eine notwendige Vorarbeit, um die „gesunde Substanz“ zu erhalten. Reisinger kroch dazu komplett in den Backraum und ging mit Bohrmaschine und Zopfdrahtbürste sowie diversen Schabewerkzeugen ans Werk. Mit dem Denkmalschutz vereinbart war, den ursprünglichen, verschlissenen Schamotteboden des Backofens nicht zu entfernen, um maximal viel von der Originalsubstanz zu erhalten. Stattdessen sollte lediglich eine neue Lage Schamotteplatten darauf geschichtet werden. Diese wurden zur Egalisierung der Oberfläche in Quarzsand gebettet. Die ohnehin sehr üppig bemessene Backraumhöhe wurde dadurch nur unwesentlich verringert.
„Am Ende wurden rund dreieinhalb Tonnen Material entsorgt und eine vergleichbare Menge neuen Materials verbaut. Ein Zeichen dafür, dass die Bilanz ganz gut hinhaut. Ohne die engagierte Hilfe der Mitglieder des Vorstadtvereins Alt Gründlach wären die gesamten Sanierungsarbeiten vor Ort kaum in den vier Tagen über die Bühne gegangen,“ sagt Daniel Reisinger, der auch aus anderen Gemeinschaftsbackofenprojekten die Zusammenarbeit mit den Dorfbewohnern schätzt, ja, sie geradezu sucht. „Es ist ja nicht nur die Arbeitserleichterung für mich, sondern ich möchte mit so einem gemeinschaftlichen Aufbau auch dafür sorgen, dass die Bevölkerung vor Ort den Ofen ‚versteht‘ und sich durchs persönliche Einbringen mit ihm identifiziert. Das ist etwas völlig anderes, als wenn man einfach ein Werk gegen Geld fertig hinstellt, was ich natürlich auch könnte. Es ist ein aktiver Beitrag zum ‚Community building‘ im Wortsinne.“ Auch bei diesem Backofenprojekt gab es für die Helferinnen und Helfer jede Menge zu tun – insbesondere beim Abtransport des Bauschutts und dem Herantragen der schweren Materialien sowie bei ausdauernden Schaufelarbeiten der Schüttung über dem Gewölbe.
Die Arbeiten schlossen mit einer kleinen Feuertaufe ab, bei der sich schon zeigte, dass der Backofen, wie gewünscht, Zug entwickelte. Vier Wochen nach der Renovierung soll er erstmals richtig betrieben werden, um seine Funktionstüchtigkeit zu testen und sicherzustellen, dass das historische Handwerk auch in moderner Zeit bewahrt bleibt. Bis dahin sollte auch die in Manufakturarbeit anzufertigende Kunstschmiedetür geliefert worden sein, mit der sich der Backraum verschließen lässt.