Den Vorwurf, die energetische Holznutzung sei nicht wirklich nachhaltig und klimafreundlich, hört man immer wieder. Besonders schwer wiegt er, wenn er von einem so renommierten Format wie der Verbraucherinformationssendung „Plusminus“ der ARD kommt. Doch der Beitrag zur energetischen Holznutzung vom 25. August 2022 war gespickt mit Halb- und Unwahrheiten. Doch wie steht es wirklich um den deutschen Wald, wie wirkt sich die gestiegene Nachfrage nach Holzbrennstoffen aus? Antworten auf diese Fragen finden sich auch in einem Interview, das wir mit VertreterInnen der großen Branchenverbände führten.
Der DeSH (Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie e. V.) schreibt in einer öffentlichen Stellungnahme (hier sinngemäß gekürzt wiedergegeben): Die ARD-Sendung „Plusminus“ vom 25.8.2022 thematisiert die Energieerzeugung aus Holzbrennstoffen und ihre vermeintlichen Klima- und Umweltauswirkungen. Als Wirtschaftsmagazin im Ersten beansprucht die Sendung auf Basis journalistischer Recherchen und einer investigativen Herangehensweise Hintergründe und Zusammenhänge in der Wirtschaftswelt aufzuzeigen und Missstände aufzudecken. Angesichts der aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt stellt der Beitrag die Nachhaltigkeit der Strom- und Wärmeerzeugung aus Holzpellets in Frage und entwirft das Bild einer umwelt- und klimaschädlichen Holzindustrie, die die Verbraucherinnen und Verbraucher durch Greenwashing zu täuschen versucht. „Als Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband e. V. widersprechen wir dieser Darstellung vehement und kritisieren die tendenziöse, einseitige und lückenhafte Berichterstattung. Die Sendung erfüllt nicht den Anspruch objektiver Darstellungen und sachlicher Argumentation, vielmehr provoziert sie durch fehlende Kontextualisierung und negative Bildsprache falsche Schlussfolgerungen.“ Viele der im Bericht aufgestellten Thesen lassen sich widerlegen oder durch eine differenzierte Behandlung als bloßes Meinungsbild relativieren. Angesichts der Komplexität und Tragweite dieses Themas ist die Auswahl der interviewten Personen nicht nachzuvollziehen. So gibt es in Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft viele Stimmen, die die dargestellte Sichtweise weder teilen noch bestätigen können und damit einen weitaus heterogeneren Sachstand zeichnen. Da die Perspektiven der berufsständischen Forstwirtschaft, der Holzwirtschaft, der Anlagentechnik und Holzforschung nicht berücksichtigt wurden, kann bei diesem Beitrag nicht von einer fundierten Recherche und ausgewogenen Darstellung gesprochen werden.
Eine kritische Untersuchung der im Bericht transportierten Aussagen zeigt, dass die Gewinnung von Strom und Wärme aus nachhaltigen Holzpellets aus Deutschland entgegen der Darstellung bereits heute einen erheblichen Beitrag zur klimafreundlichen Energieversorgung in Haushalten und Industrie leistet. Aktuell liegt der Anteil der gesamten erneuerbaren Energien für Wärme und Kälte in Gebäuden bei zirka
16,5 Prozent. Mit einem Drittel stellt Holzwärme aktuell den mit Abstand größten Anteil erneuerbarer Energien im Gebäudesektor dar und ist für das Gelingen der Wärmewende unverzichtbar. Zudem wurden
11,4 Millliarden kWh Strom aus Holzbiomasse bereitgestellt. Der Aussage, in Deutschland werde in großem Umfang Holz für energetische Zwecke eingeschlagen, Waldflächen radikal abgeerntet und leergeräumt, steht die Realität entgegen: Die Wälder in Deutschland werden nachhaltig bewirtschaftet. Ausgehend von dem Grundsatz, nicht mehr Holz zu entnehmen als nachwächst, ist aus einer über 300-jährigen Tradition die heute weltweit vorbildliche Forstwirtschaft in Deutschland entstanden, die sich nicht nur im Bundeswaldgesetz, sondern auch in den Waldgesetzen der Länder verankert wurde. Dass neben der Nutzfunktion Ansprüche an Umweltschutz und Biodiversität konsequent umgesetzt werden, ist dabei ebenso Teil forstlicher Praxis wie der Verzicht auf Kahlschläge oder Übernutzung. Die Daten der Bundeswaldinventuren belegen den Anspruch an die Nachhaltigkeit und weisen Deutschland neben einem wachsenden Holzvorrat auch als das Land mit dem höchsten Vorrat Europas aus. Dabei wird seit mehreren Jahrzehnten Waldumbau betrieben. Forstliche Maßnahmen sorgen dafür, dass klimastabile Mischwälder entstehen. Zugleich unterliegen der Wald, seine Nutzung und auch sein Schutz kontinuierlicher Überwachung und wissenschaftlicher Überprüfung; an insgesamt neun Universitäten wird Forstwirtschaft und -Wissenschaft gelehrt und qualifizierter Nachwuchs ausgebildet.
Bilder von Kalamitätsflächen als Ergebnis exzessiver Energieholznutzung darzustellen, verkehrt die Wirklichkeit und verkennt die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder: Seit dem Jahr 2018 sind die Wälder in Deutschland von den starken Auswirkungen klimatischer Veränderungen durch Hitzesommer und Dürre betroffen, die sie anfällig für Schadinsekten machen. Dadurch wurden große Waldflächen geschädigt oder sind abgestorben; so auch bei Montabaur. Um die Ausbreitung von Schädlingen zu begrenzen und Gefahren zu beseitigen wurden Flächen für die Aufforstung geräumt. Dabei wird mit dem Pflanzen neuer Bäume das Gegenteil dessen praktiziert, was im Bericht suggeriert wird. Im Gesamteinschlag ist seit 2018 eine deutliche Zunahme aufgrund der Schadereignisse zu verzeichnen. Dabei wurde das Holz soweit technisch möglich stofflich genutzt, wodurch sich die Produktion von Schnittholz in den letzten drei Jahren um etwa 15 Prozent erhöht hat. Wie für den Wald stellen die Kalamitäten der letzten Jahre auch für die Holzwirtschaft ein dramatisches Ereignis dar, dem durch wissenschaftlich fundiertes und zielgerichtetes Handeln begegnet werden muss. Die Behauptung, die steigende Nachfrage nach Holzpellets habe direkte Auswirkungen auf die Holznutzung im Wald, lässt die Produktionsbedingungen in Deutschland außer Acht: Pellets werden in Deutschland zu etwa 90 Prozent aus Rest- und Abfallstoffen der Säge- und Holzindustrie hergestellt. Das übrige Zehntel wird aus nicht sägefähigem Waldholz erzeugt. Damit sind Holzpellets aus Deutschland ein Nebenprodukt der nachhaltigen Holz- und Forstwirtschaft und ergänzen die stoffliche Nutzung um eine energetische Verwertung, die dabei hilft, Kohle, Öl und Gas in Haushalten und Industrie zu ersetzen. Die Annahme, dass für die energetische Nutzung nicht ausreichend Biomasse-Potenziale zur Verfügung stünden, widerspricht den aktuellen Prognosen: Der Klimawandel, der Waldumbau hin zu klimastabilen Mischwäldern wie auch die anhaltende Produktion langlebiger Holzprodukte werden in den kommenden Jahrzehnten für ein zusätzliches Biomassepotential aus dem Forst und der Säge- und Holzindustrie sorgen.
Die Infragestellung der CO₂-Neutralität der Verbrennung von Holzpellets und die Gleichsetzung mit der Verbrennung fossiler Energieträger ignoriert die Kohlenstoffkreisläufe im Wald insgesamt: Statt des einzelnen Baumes muss für die CO₂-Bilanz der gesamte Kohlenstoffkreislauf nachhaltig bewirtschafteter Wälder berücksichtigt werden. Die Verbrennung von Holzpellets ist Bestandteil dieses Kreislaufs, durch die die zusätzlichen Emissionen aus dem vor Millionen von Jahren gebundenen Kohlenstoff der fossilen Ressourcen vermieden werden. Insbesondere moderne Pelletöfen ermöglichen eine effiziente Verbrennung bei geringen Feinstaubemissionen. Ein Verweis auf die Anteile energetischer Nutzung am Holzverbrauch in Deutschland bedarf der Differenzierung: 2020 wurden in Deutschland etwa 60 Millionen m3 Holz energetisch verwendet. Das entspricht etwa 50 Prozent des gesamten Holzaufkommens. Die Kaskadennutzung der Holzrohstoffe erhöht die zur Verfügung stehende Menge, sodass sich etwa drei Viertel des für die Erzeugung von Wärme und Strom verwendeten Holzes aus anderen Sortimenten zusammensetzt. Dabei wird die gesamte Holzenergienutzung in Deutschland derzeit zu 98,3 Prozent durch inländisches Aufkommen gedeckt. Nicht zuletzt wird hieran der Stoffkreislauf innerhalb der Holzwirtschaft sichtbar, bei dem der Rohstoff nicht nur regional in all seinen Bestandteilen verwendet wird, sondern in einer Abfolge von Nutzungsstufen am Ende für die klimafreundliche, weil regenerative Energieerzeugung eingesetzt wird. Zwar wird in der Stellungnahme des DeSH überwiegend auf Pellets als Brennstoff Bezug genommen, die allgemeinen Aussagen gelten aber genauso für die Nutzung von Scheitholz. Der DeSH fordert eine Richtigstellung und bietet für die weitere Recherche dazu seine Mitarbeit an.
Unabhängig vom DeSH haben wir uns um einen weiteren Faktencheck bemüht – auch als Argumentationshilfe für Sie gegenüber Ihren Kundinnen und Kunden. Die wesentliche (gute) Nachricht vorweg: Die offiziellen Quellen beschreiben hierzulande tatsächlich eine leichte Zunahme der Waldfläche seit den letzten Messungen. Laut einer Publikation des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist ziemlich genau ein Drittel der Fläche (32 Prozent) in Deutschland mit Wald bedeckt. Dies entspricht zirka 11,4 Millionen Hektar. Seit 1990 hat die Waldfläche um zirka 200.000 Hektar zugenommen. Für eine detailliertere Aussage über die Entwicklung der Waldfläche sind die Erhebungen der Bundeswaldinventur (BWI) am verlässlichsten, da hier der Wald in ganz Deutschland über alle Eigentumsarten hinweg „vermessen“ wird. Die Erhebungen zeigen, dass die Waldfläche [auch] zwischen 2002 und 2012 leicht zugenommen hat: 0,4 Prozent beziehungsweise 50.000 Hektar sind in diesem Zeitraum dazugekommen. Hierbei ist erwähnenswert, dass an einigen Stellen Wald abnimmt (zum Beispiel aufgrund Rodungen für größerer Bauvorhaben) und an anderen Stellen aufgeforstet wird. Die BWI wird alle zehn Jahre durchgeführt; Gerade laufen die Erhebungen für die vierte BWI. Ergebnisse daraus liegen leider noch nicht vor. Die energetische Holznutzung hat sich zwischen 1990 und 2016 in Deutschland etwa verdreifacht. Dabei ist zu beachten, dass extreme Witterungsverhältnisse (milde oder sehr kalte Winter) zu Schwankungen in einzelnen Jahren führen. Wichtigste Brennholzsortimente im Jahr 2018 waren Scheitholz aus dem Wald (zirka 65 Prozent), gefolgt von Holzpellets (zirka 10 Prozent) und Scheitholz aus dem Garten (zirka 8 Prozent). Besonders die Verwendung von Holzpellets in Privathaushalten stieg zwischen 2014 und 2018 stark (um 27 Prozent) an. Andere Holzbrennstoffe wie Hackschnitzel, Briketts oder Anzündholz machen 7 Prozent aus. Weitere Einsatzstoffe sind Altholz, Schnittholzreste und Landschaftspflegeholz.
Vertiefend zum Thema befragten wir folgende Branchenexpertinnen und -experten
K&L-Magazin: Beim Thema „Brennholznutzung“ argumentieren verschiedene Akteure sehr widersprüchlich, was verständlicherweise zu Irritationen führt. Die einen sagen, die Brennholznutzung sei eine unverantwortliche Waldplünderung, die anderen betonen das für die Waldbewirtschaftung ersonnene Prinzip der Nachhaltigkeit, das nach wie vor Gültigkeit besäße und verweisen sogar auf Waldzuwächse in Deutschland. Wer hat nun Recht ?
Martin Bentele: Der DEPV beschäftigt sich ausschließlich mit modernen, standardisierten Energieholzsortimenten, sprich Pellets, Hackschnitzel und Briketts. Brennholz, also Scheitholz, gehört nicht dazu. Was wir dazu sagen können: auch wenn es sich bei der Brennholznutzung in der Regel nicht um Waldplünderung handelt, sondern um die Verwertung von Holz, das beim nachhaltigen Einschlag anfällt, sind die in alten Kaminöfen entstehenden Staubemissionen kritisch zu sehen. Diese resultieren einerseits aus der Verwendung nicht getrockneten Holzes oder eines zu hohen Rindenanteils. Andererseits ist das Bedienerverhalten dieser Anlagen oftmals suboptimal. Der Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf Holzpellets. Diese werden in Deutschland fast ausschließlich aus Sägenebenprodukten wie Spänen hergestellt, also hochwertige Reststoffe, die im Sägewerk in großen Mengen anfallen. Mehr dazu finden Sie hier. Selbstverständlich gilt in Deutschland das Prinzip der nachhaltigen Waldbewirtschaftung.
Julia Möbus: Die Wälder in Deutschland werden seit 300 Jahren nachhaltig bewirtschaftet. Viele Försterinnen und Förster und Waldbesitzende setzen diesen Grundsatz mit viel Erfahrung und Expertise um. Die Einhaltung des Nachhaltigkeitsgrundsatzes wird durch regelmäßige Erhebungen in den Wäldern überprüft und bestätigt. Die letzte Kohlenstoffinventur zeigt wachsende Holzvorräte in Deutschland und weist sie als die höchsten in Europa aus. Dass die Extremsommer der letzten Jahre dem Wald stark zugesetzt haben, verdeutlicht dabei die Notwendigkeit aktiver Waldpflege. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse entstehen so mit Hilfe forstlicher Eingriffe klimastabile Mischwälder, die auch in Zukunft ausreichend Holz für nachhaltige Produkte bereitstellen. Hierbei ist der effiziente und ressourcenschonende Einsatz des nachwachsenden Rohstoffs maßgebend. Als Nebenprodukt einer nachhaltigen Forst- und Holzwirtschaft bleiben vor allem Holzpellets aus Deutschland vor diesem Hintergrund eine klimafreundliche Energiequelle.
Dr.-Ing. Julian Schwark: Natürlich ist auch die verfügbare Holzmenge in den deutschen Wäldern begrenzt. Ein Teil des Holzes kann jedoch nicht als Baumaterial verwendet werden und steht als Brennstoff zur Verfügung. Um mit der natürlichen Ressource Holz sparsam umzugehen, muss der Brennstoffbedarf entsprechend begrenzt werden. Würde ganz Deutschland ausschließlich mit Holz heizen, würden die Ressourcen sicher nicht ausreichen. Durch eine energetische Sanierung der Gebäude kann zum einen der Wärmebedarf reduziert werden, durch moderne Holzfeuerungen mit einer effizienten Verbrennung kann zudem Brennstoff eingespart werden. So kann eine Holzfeuerung als Ergänzung beispielsweise einer Wärmepumpe für die besonders kalten Tage eine sinnvolle und klimaschonende Lösung sein.
Dr. Hermann Hansen: Daten des Thünen-Instituts und der Bundeswaldinventuren zeigen eindeutig, dass der Holzvorrat und damit der Kohlenstoffspeicher in den Wäldern in Deutschland bis 2019 weitgehend kontinuierlich angestiegen ist. So sind z.B. im Zeitraum von 2014 bis 2018 jährlich durchschnittlich 17 Mio. Tonnen Zuwachs im Kohlenstoffspeicher verbucht worden. Erstmals nach dem 2. Weltkrieg und bedingt durch hohen Schadholzanfall nahm der Kohlenstoffspeicher von 2019 auf 2020 hingegen um eine Mio. Tonnen ab (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/UGR/landwi…), was eine Minderung von 0,03 Prozent in Bezug auf den Gesamtspeicher von 3134 Millionen Tonnen bedeutet. Ursache für die Reduzierung war nicht die Brennholznutzung, sondern die Kalamitäten aufgrund von Dürre, Stürmen und Schädlingsbefall. Vielerorts mussten von Borkenkäfern befallene Bäume entnommen werden, um den restlichen Wald zu schützen. Das Schadholz wurde geerntet und weit überwiegend in stoffliche Nutzung vermarktet. Der zurzeit intensiv vorangetriebene Waldumbau hin zu klimastabileren Mischwäldern soll das Risiko für künftige Waldschäden begrenzen. Eine Rückkehr zu einer ausgeglichenen oder positiven Kohlenstoffbilanz im Wald ist zu erwarten. Zu bedenken ist dabei auch, dass der Holzproduktspeicher, also die Festlegung von Kohlenstoff in Bauprodukten und sonstigen Holzprodukten, von 2019 auf 2020 überdurchschnittlich angestiegen ist. Die Speicherabnahme im Wald ist deshalb nicht gleichbedeutend mit einer größeren Freisetzung von CO2, zumal die Energieerzeugung aus Holz in diesem Zeitraum nicht signifikant zugenommen hat.
K&L-Magazin: Weiterhin wird von Kritikern der Brennholznutzung sogar die Klimaneutralität des Brennstoffs Holz bestritten. Wie bewerten Sie das?
Martin Bentele: Insbesondere bei diesem Thema muss klargestellt werden, dass bei der Betrachtung der Klimabilanz von Holz das „Einzelbaumprinzip“ nicht die Grundlage einer umfassenden forstwissenschaftlichen Bewertung sein kann. Vielmehr gilt es die nachhaltige Waldbewirtschaftung ganzer Bestände (Wälder) zu betrachten, und deren Leistung bei der CO2-Bindung.
Julia Möbus: Der ureigene Zweck nachhaltiger Waldbewirtschaftung ist, dass mindestens genauso viel Holz im Wald nachwächst, wie ihm entnommen wird. Während ein einzelner Baum dabei viele Jahre zum Wachsen benötigt, wird mit Blick auf den Wald zu jederzeit bilanziell mindestens genauso viel Kohlenstoff gebunden, wie ihm entzogen wird. Entscheidend für die Klimabilanz ist also nicht der einzelne genutzte und wieder nachwachsende Baum, sondern vielmehr, wie viel CO2 insgesamt aus der Atmosphäre entnommen und im gleichen Zeitraum wieder freigesetzt wird. Dabei unterscheidet sich der Kreislauf der nachhaltigen Holznutzung nur insofern vom natürlichen Kohlenstoffkreislauf unbewirtschafteter Wälder, als dass die langfristige CO2-Bindung im Wirtschaftswald durch forstliche Eingriffe gesteuert und um einen zusätzlichen Holzproduktespeicher ergänzt wird, der gleichzeitig dazu beiträgt, den Einsatz fossiler Ressourcen in der stofflichen und energetischen Verwendung zu vermeiden.
Dr.-Ing. Julian Schwark: Betrachtet man nur die Entstehung von Holz, so wird darin in etwa die Menge an Kohlendioxid gebunden, die bei der Verbrennung wieder frei wird. Das ist der Ursprung der Aussage, Holz sei klimaneutral. Berücksichtigt man aber zusätzlich den Energieeinsatz für die Fällung, den Transport, die Aufbereitung usw. dann ist der fertige Brennstoff zwar nicht mehr klimaneutral aber dennoch ein klimafreundlicher und vor allem nachwachsender Brennstoff.
Dr. Hermann Hansen: Die FNR bewertet die Brennholznutzung in Deutschland als klimaneutral, zumal unsere Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden. In der aktuellen Situation mit zunehmenden Waldschäden durch Dürren, Stürme, Schädlinge und Waldbrände wird durch den Waldumbau, Wiederaufforstung und Maßnahmen wie das Zurückstellen von Durchforstungen zirka alle 10 Jahre Entnahme von schwächeren Bäumen, um bessere Wuchsbedingungen für das Stammholz zu schaffen) versucht, gegenzusteuern. Zu bedenken ist auch, dass wir über viele Jahrzehnte einen Aufbau großer Holzvorräte hatten, so dass eine geringfügig negative Kohlenstoffbilanz in einem oder wenigen Jahren noch keine Abkehr von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität bedeutet. Mittelfristig ist eine Rückkehr zur einer ausgeglichenen bzw. positiven Kohlenstoffbilanz im Wald zu erwarten. Die erhebliche CO2-Einsparung durch Energieholznutzung gegenüber der Verbrennung fossiler Rohstoffe (inklusive Vorkettenemissionen, die bei der Bereitstellung der Energieträger anfallen) wird vom Umweltbundesamt (UBA) in der jährlich aktualisierten „Emissionsbilanz Erneuerbarer Energieträger“ für die verschiedenen Varianten der Wärmebereitstellung aus Holzenergie nachvollziehbar ausgewiesen.
K&L-Magazin: Ferner wird behauptet, für die Herstellung von Holzpellets würden längst nicht nur Rest- und Abfallhölzer verwendet, sondern auch speziell zu diesem Zweck frisch eingeschlagenes Holz. Was sagen Sie dazu?
Martin Bentele: Das ist hierzulande nicht der Fall. Neben dem Löwenanteil Holzspäne aus dem Sägewerk werden in geringem Maße nichtsägefähige Rundhölzer genutzt – also Sortimente, die aus Dimensions- oder Qualitätsgründen nicht eingesägt werden können.
Julia Möbus: Holzpellets aus Deutschland bestehen zu über 90 Prozent aus Rest- und Abfallstoffen der heimischen Säge- und Holzindustrie. Der direkte Einsatz von Waldholz beschränkt sich lediglich auf nicht sägefähiges Holz, das bei der Durchforstung anfällt. Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland beziehen die Pellets weitgehend aus dem Inland. Bislang werden dafür noch nicht einmal 15 Prozent des Aufkommens an Sägenebenprodukten aus der Holzverarbeitung und Industrieholz genutzt. Damit sind die heimischen Produzenten für die Herstellung von hochwertigen Pellets nicht auf Holz direkt aus dem Wald angewiesen, sondern verfügen über eine ausreichende Rohstoffbasis für eine nachhaltige Produktion.
Dr.-Ing. Julian Schwark: Darüber haben wir keine Kenntnis. Frisch eingeschlagenes Holz, das für einen weitaus höheren Preis an die Holzindustrie verkauft werden könnte, für die thermische Verwertung zu verwenden, wäre aus unserer Sicht sehr unwirtschaftlich, nicht klimafreundlich und natürlich nicht sinnvoll.
Dr. Hermann Hansen: In Deutschland werden keine Wälder speziell für die Pelletherstellung oder die energetische Nutzung in Heizwerken und Heizkraftwerken gerodet. In Deutschland wird Altholz sowie Industrie- und Waldrestholz zur Wärme- und Stromerzeugung in Heizwerken und Heizkraftwerken eingesetzt. In Pelletwerken kommt je nach Marktsituation 5 bis 15 % nicht sägefähiges Stammholz zum Einsatz, zum Beispiel Holz aus Kalamitäten (Sturm-, Dürre- und Käfer-Schadholz), welches Waldbesitzer nicht in Sägewerke und andere stoffliche Verwertung vermarkten können.
K&L-Magazin: Die in letzter Zeit extremen Preissprünge bei den konventionellen Energieträgern Gas und Öl haben auch zu einer exorbitanten Nachfragesteigerung bei Holzenergie geführt. Sehen Sie die Waldsubstanz (Stichwort: Nachhaltigkeit …) dadurch jetzt gefährdet oder nicht? Wie viel mehr Brennholznutzung würde der Wald noch vertragen?
Martin Bentele: Nein, diese Gefährdung kann ich nicht erkennen. Die zur energetischen Nutzung benötigte Holzmenge wird durch Forstwirtschaft und die Sägewerke bestimmt. Zur energetischen Nutzung vorgesehene Sortimente sind Nebenprodukte, die in dem Maße anfallen, wie die Hauptprodukte Bau- und Schnittholz nachgefragt werden und dann anfallen. Der Wald würde generell mehr Nutzung vertragen, ohne die Nachhaltigkeit zu gefährden. Seit Jahrzehnten wird weniger eingeschlagen als nachwächst. Der Holzvorrat im deutschen Wald nimmt kontinuierlich zu.
Julia Möbus: Die aktuelle Situation stellt nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher vor große Herausforderungen, sondern führt auch zu unvorhersehbaren Entwicklungen an den Energiemärkten. Starke Preissteigerungen und auch Versorgungsängste haben dabei die Nachfrage nach allen Energieholzprodukten in den letzten Monaten stark erhöht. Dabei ist jedoch damit zu rechnen, dass eine Bevorratung und der überdurchschnittliche Aufbau von Lagern bei Bestandskunden dazu führen, dass sich die Nachfrage wieder normalisieren wird. In den letzten Monaten ist die Zahl neuinstallierter Anlagen stetig gewachsen. Der Absatz von Einzelraumfeuerstätten war über viele Jahre stark rückläufig. Das gilt insbesondere für Kamin- und Dauerbrandöfen. Gleichzeitig ist die Wärmewende in Deutschland in den letzten Jahren nur langsam vorangekommen. Erneuerbare stellen gerade einmal 16,5 Prozent des Energieverbrauchs für Wärme- und Kälte. Holz hat daran einen Anteil von mehr als zwei Dritteln. Vor diesem Hintergrund ist die Nachfragesteigerung bei der Neuinstallation von Holzfeuerungen ein Schritt in die richtige Richtung. Gerade der Markt für Holzpellets bietet hier großes Entwicklungspotenzial und kann einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen der Wärmewende leisten. Der über die letzten Jahre gestiegene Bedarf liegt nach wie vor unter der heimischen Produktionskapazität und kann somit auch in Zukunft nachhaltig bereitgestellt werden.
Dr.-Ing. Julian Schwark: Unbestritten ist auch die Ressource Holz nicht unbegrenzt verfügbar. Die gesamte häusliche Wärmeversorgung auf den Brennstoff Holz aus deutschen Wäldern umzustellen, wird sicher nicht möglich sein. Eine Holzfeuerung kann aber eine sinnvolle Ergänzung zu einer anderen klimafreundlichen Heizungsart z.B. einer Wärmepumpe darstellen, um die sogenannten Lastspitzen an besonders kalten Tagen abzufangen. Zusätzlich senkt eine energetische Sanierung der Wohngebäude in Deutschland grundsätzlich den Wärmebedarf insgesamt, so dass die benötigte Brennstoffmenge minimiert wird.
Dr. Hermann Hansen: Waldbesitzer bewirtschaften ihre Wälder nachhaltig und kontrolliert durch regelmäßige Audits der Zertifizierungsprogramme FSC und PEFC. Zirka 80 Prozent der Waldfläche in Deutschland werden nach den Kriterien eines solchen Systems zur Nachhaltigkeitszertifizierung bewirtschaftet (https://mediathek.fnr.de/grafiken/daten-und-fakten/forstwirtschaft/entw…). Es werden jetzt keine Wälder gerodet, um eine wachsende Brennholznachfrage zu bedienen. Dazu erzielt Holz in der stofflichen Nutzung nach wie vor bessere Erlöse. Die Frage, wie viel mehr Brennholznutzung der Wald noch vertragen würde, lässt sich so nicht beantworten, da in erster Linie anfallendes Restholz wie Kronenrestholz, Durchforstungsholz, Schadholz etc. energetisch genutzt wird. Die Frage müsste eigentlich lauten: Wie viele Kalamitäten verträgt der Wald noch? Denn sowohl die stoffliche als auch die energetische Nutzung greift derzeit vor allem auf das anfallende Schadholz zu, wobei ein Einschlag gesunder Bäume für die Stammholznutzung weitgehend vermieden bzw. gemindert wird. Unter den Kalamitäten leiden die Waldbestände je nach Alter und Baumartenzusammensetzung wiederum sehr unterschiedlich. Junge, gut durchmischte Bestände kommen besser mit Extremwetter und dessen Folgen zurecht als alte, nur aus einer oder wenigen Arten zusammengesetzte Bestände.
K&L-Magazin: Worauf sollen Brennholzkäufer bei der Beschaffung Ihres Holzes allgemein achten?
Martin Bentele: Generell auf eine nachhaltige Herkunft, was in Deutschland, aber auch in ganz Mittel- und Nordeuropa sichergestellt ist. Daneben spielt die Qualität eine wichtige Rolle bei der Effizienz und dem Emissionsverhalten der Feuerungen. Bei Pellets, Briketts und Hackschnitzeln empfehlen wir daher hochwertige, qualitätsgeprüfte Ware mit dem ENplus-Zertifikat.
Julia Möbus: Während Holzpellets und auch Holzhackschnitzel als Nebenprodukte einer nachhaltigen Forst- und Holzwirtschaft eine sinnvolle Ergänzung zur stofflichen Holznutzung darstellen, muss sich auch die direkte Verwendung von Stammholz zur energetischen Nutzung an den Grundsätzen von Effizienz und optimalen Ressourceneinsatz orientieren. Die aktuellen Verwerfungen am Energiemarkt zeigen, dass ein Wechsel der Heizungstechnik aus vielerlei Hinsicht durchdacht werden sollte. Die Verwendung von Holzpellets erlaubt dabei nicht nur den Einsatz neuester Technik, sondern bleibt mit der Verwertung von Rest- und Abfallstoffen die optimale Lösung für die Energiegewinnung aus Holz.
Dr.-Ing. Julian Schwark: Das Holz sollte für mit Bezug auf die Feuerstätte ausgewählt werden insbesondere die Brennholzgröße ist entscheidend für einen emissionsarmen Betrieb. Ein Blick in die Betriebsanleitung verschafft Klarheit. Darüber hinaus ist rindenarmes Holz zu bevorzugen. Ihr Schornsteinfeger berät Sie gerne.
Dr. Hermann Hansen: Beim Einkauf ist darauf zu achten, dass das Brennholz „ofenfertig“ ist, das heißt einen Feuchtegehalt von < 25 Prozent hat (entspricht 20 Prozent Wassergehalt). Jetzt frisch eingeschlagenes Holz kann in diesem Winter nicht in Öfen und Kaminen verbrannt werden, denn es muss erst zirka 2 Jahre lagern und trocknen, bis es die zulässige Holzfeuchte erreicht hat. Feuchtes Holz brennt nicht und liefert keine Wärme. Sofern kein „ofenfertiges“ Brennholz verfügbar ist und der Kaminofen auch für Holzbrikett zugelassen ist, sollte man statt Brennholz besser Holzbriketts einkaufen. Holzbriketts werden aus Restholz der Sägewerke und der holzverarbeitenden Industrie hergestellt, sind trocken und haben einen sehr hohen, mit Holzpellets vergleichbaren Heizwert.
K&L-Magazin: Können Sie die Neuanschaffung eines holzbefeuerten Ofens oder Kamins aus ökologischer Sicht aktuell noch befürworten, oder würden Sie vielleicht eher davon abraten?
Martin Bentele: Als studierter Förster kann ich diese Anschaffung klar befürworten. Pelletkaminöfen und Pelletzentralheizungen nutzen wie gesagt ein Koppelprodukt der Sägeindustrie. Ihre Nutzung ist damit nahezu CO₂-neutral. Moderne Anlagen müssen zudem sehr strenge Emissionsgrenzwerte einhalten (deutlich strenger als bei Scheitholzkaminen!). Für eine Förderung über die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG), Einzelmaßnahmen (EM) (www.bafa.de, 20-25 Prozent Förderung beim Heizungstausch hin zu wasserführenden Pelletkaminöfen und Pelletzentralheizungen) werden sogar noch strengere Werte vorausgesetzt. Für besonders staubarme Anlagen (2,5 mg Staub/m³ Abluft) gibt es sogar einen Innovationsbonus von 5 Prozent mehr Zuschuss. In Hybridanlagen sind so 35 Prozent Zuschuss möglich.
Julia Möbus: Holzenergie bleibt für die Wärmewende unverzichtbar. Im Mix der erneuerbaren Energien nimmt sie aktuell die Schlüsselrolle ein. Mit Blick in die Zukunft bleibt die Neuanschaffung eines Pelletofens nicht nur ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit von fossilen und importierten Ressourcen.
Holz ist ein heimischer und nachwachsender Rohstoff, der regional zur Verfügung steht, seine intelligente Nutzung also gerade aus ökologischer Sicht sinnvoll. In Deutschland stehen dafür grundsätzlich ausreichend Nebenprodukte bereit.
Dr.-Ing. Julian Schwark: Wie bereits bei der ersten Frage ausgeführt, ist Holz ein klimafreundlicher und klimaschonender Brennstoff und kann als Ergänzung zu einer modernen Wärmepumpe (Abfangen der Lastspitzen an besonders kalten Tagen) eine sinnvolle Lösung sein. Moderne Holzfeuerungen arbeiten bei richtiger Betriebsweise emissionsarm und energieeffizient.
Dr. Hermann Hansen: Aus Effizienzgründen und unter dem Aspekt der Luftreinhaltung ist grundsätzlich eher eine Nutzung in Heizkesseln mit hohen Wirkungsgraden beziehungsweise in an kommunale Wärmenetze angeschlossenen Holzheizwerken statt in Öfen zu empfehlen. Ob im jeweiligen Gebäude beziehungsweise Raum überhaupt ein Kaminöfen installiert und betrieben werden kann, wird der jeweils zuständige bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger bestimmen. Für neue und gut gedämmte Gebäude mit kleinen Wohnräumen sind Kaminöfen mit 5 bis 8 kW Leistung oft überdimensioniert und gemäß Kleinfeuerungsanlagenverordnung gar nicht zulässig.
Info
„Ursprung und aktuelle Bedeutung des Nachhaltigkeitsbegriffs“
Immer wieder wird behauptet, die energetische Holznutzung unterlaufe eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Dabei wird verkannt, dass der Begriff der Nachhaltigkeit originär für die Waldbewirtschaftung erdacht wurde und im Übrigen bis heute fortgilt. Erstmalig ist der Begriff „Nachhaltigkeit“ im Sinne eines langfristig angelegten verantwortungsbewussten Umgangs mit einer Ressource bei Hans Carl von Carlowitz 1713 in seinem Werk Silvicultura oeconomica nachgewiesen. Er besagt: Im Wald ist nur so viel Holz zu schlagen wie permanent neu nachwächst. Ein beliebter Irrtum dabei ist die Annahme, dass die Ernte eines ausgewachsenen Baums nicht durch die Neuanpflanzung eines kleinen Setzlings kompensiert werden könne. Das ist vordergründig natürlich richtig, für die stoffliche Bilanz geht es aber um die Holzmasse insgesamt und nicht um den einzelnen Baum. In der Nachhaltigkeitsbetrachtung der Waldbewirtschaftung ist dieser Aspekt berücksichtigt.
Natürlich macht es darüber hinaus einen erheblichen Unterschied, ob das Brennholz vom gefällten Obstbaum des Nachbarn oder aus einem Wald in Sibirien stammt. Holzimporte können die positive ökologische Bilanz verhageln – einerseits wegen langer Transportwege und andererseits, weil bei sich nicht alle Lieferländer einer nachhaltigen Forstbewirtschaftung verpflichtet fühlen. Bei Importhölzern ist die Herkunft oft schwierig nachvollziehbar. Je gefragter und teurer der Rohstoff Holz ist, desto lukrativer sind leider auch Illegale Rodungen und ein Vertrieb solcher Holzer durch mafiöse Strukturen. Zertifizierungen zum Beispiel durch das FSC-Siegel bringen immerhin eine gewisse Sicherheit. Verantwortungsbewusste Verbraucher sollten beim Holzkauf trotzdem besonders darauf achten, dass es nachweislich aus der Region stammt. Dann ist nicht nur die Nachhaltigkeit gewährleistet, sondern solche Hölzer erfüllen auch den Anspruch an die CO₂-Neutralität bestmöglich.