Redaktion: Frau Schmidt-Menig, was haben die Bilder der Überschwemmungskatastrophe vom Juli bei Ihnen bewirkt?
Beate Schmidt-Menig: Zuallererst Entsetzen und Betroffenheit über das Ausmaß und die Ohnmacht, mit der man einer solchen Katastrophe gegenübersteht. Da ich selbst aus Nordrhein-Westfalen komme, kenne ich die von den Überschwemmungen und Erdrutschen heimgesuchte Region. Und natürlich lösen diese Bilder auch Befürchtungen aus, dass solche Horrornachrichten künftig häufiger zu sehen sein werden. Da überlegt man sofort, wie man hier gegensteuern kann.
Redaktion: Klimaschutz hat auf diese Weise Corona erstmals von Platz 1 der Nachrichten verdrängt!
Beate Schmidt-Menig: Zu Recht. Wenn das Klima auf der Erde menschliches Leben immer schwieriger macht und bedroht, werden Pandemien wohl unwichtiger. Andererseits gibt es doch Ähnlichkeiten. Bei beidem handelt es sich um Herausforderungen, die sich nur mit gesellschaftlicher Solidarität und im internationalen Kontext bewältigen lassen.
Redaktion: Was bedeutet das für Ihre Branche?
Beate Schmidt-Menig: Prinzipiell steht die Politik bei der Energiewende vor der enormen Aufgabe, den Dreiklang zwischen Elektrizität, Mobilität und Wärme zügig und ausgeglichen hinzubekommen. Das ist schon schwierig genug. Moderne Holzenergie ist nur ein Teil der Energiewende, auch wenn sie im latent unterschätzten Wärmesektor den Löwenanteil der erneuerbaren Energien erbringt. Man darf nicht vergessen, dass es sich bei automatischen Holzfeuerungen um moderne, heimische Technik handelt, die – anders als die täglich neu diskutierten Lösungsphantome – breit verfügbar, bewährt und sofort nutzbar ist. Zusammen mit den regionalen Energieträgern Pellets, Hackschnitzel und Briketts belässt Holzenergie die Wirtschaftskraft nahezu komplett bei uns.
Redaktion: Warum wird Holzenergie dann von manchen so kritisch gesehen?
Beate Schmidt-Menig: Zum einen liegt es an der generell negativen Einstellung zu jeglicher Art von Verbrennung, wie man bei der Diskussion um die Mobilität der Zukunft sieht. Zum anderen – und das ist der Hauptgrund – vermeiden die Autoren der Kritik jegliche Differenzierung bewusst. So werfen sie Feuerholznutzung in afrikanischen Kochstellen und den Ersatz von Kohle in Kraftwerken mit der hierzulande betriebenen emissionsarmen und effizienten Holzenergie in einen Topf. Und das ist kein seriöses Vorgehen.
Redaktion: Was wäre denn seriös, wenn man über das Thema spricht?
Beate Schmidt-Menig: Dass Umweltverbände die Holzenergie kritisch bewerten, ist vollkommen legitim. Von konstruktiver Kritik erwarte ich aber, dass man – gerne auch strenge – Anforderungen an die Sache stellt. Wenn diese strengen Kriterien dann erfüllt werden, wie es beispielsweise hinsichtlich der Wirkungsgrade und Emissionen bei modernen Holz- und Pelletfeuerungen der Fall ist, dann muss man aber auch so konsequent sein, diese Form der Holzenergie zu tolerieren.
Redaktion: Wenn man andere Experten für erneuerbare Energien hört, handelt es sich bei der erneuerbaren Einzelheizung nur noch um eine Übergangslösung, bis Wärmenetze das gesamte Land versorgen.
Beate Schmidt-Menig: Ja, und diese Netze sollen dann mit erneuerbarem Strom gespeist werden. Diese Meinung trifft man oft oder sogar hauptsächlich in sich mit erneuerbaren Energien beschäftigenden Einrichtungen an. Ich halte diese Einschätzung für nicht umsetzbar, da sie sehr theoretisch und meist auch von eigenen wirtschaftlichen Interessen geleitet ist. Daher braucht es hier auch fast immer ordnungspolitische Zwänge zur Umsetzung. Praxistauglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Kosten kommen bei diesen Gedankenspielen meist nicht vor. Aber gerade da punktet dafür die Holzenergie eindeutig.
Redaktion: Lässt sich das beziffern?
Beate Schmidt-Menig: Ganz leicht sogar. Ich muss mir nur die Evaluierung der staatlichen Förderung erneuerbarer Wärme hinsichtlich Klimarelevanz und Kosten anschauen, wie sie für das bis 2020 laufende Marktanreizprogramm (MAP) vorliegt. Sowohl bei der Gesamtmenge an eingespartem CO2 als auch bei den je Tonne dafür notwendigen Kosten liegen Holz und Pellets klar vorne. Das rechtfertigt dann auch die attraktiven staatlichen Zuschüsse zur Umstellung von fossiler Energie auf Holzpellets. So kosteneffizient und klimarelevant werden öffentliche Gelder sonst kaum eingesetzt. Insofern tut der Bund gut daran, die durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) seit 2021 bereitgestellten Fördermittel für die kommenden Jahre sicherzustellen.
Redaktion: Erwarten Sie sich noch mehr von der Politik?
Beate Schmidt-Menig: Die durch die BEG gesetzten Anreize wirken, wie die dynamische Marktentwicklung bei Pellet, Wärmepumpe und Solar zeigt. Wenn man Klimaschutz international voranbringen will, muss CO2 eine international gültige Währung werden, nach der Güter und Aktivitäten bewertet und monetarisiert werden. Hier eine gerechte Lösung zu finden und Wettbewerbsverzerrung zu verhindern, wird mit Sicherheit eine Mammutaufgabe alleine innerhalb der EU werden.
Redaktion: Für den Stromsektor gibt es ja den CO2-Zertifikatehandel schon. Sie freuen sich doch sicherlich darüber, dass Pellets künftig in Deutschland in Kraftwerken Kohle ersetzen sollen?
Beate Schmid-Menig: Wenn die Politik Kernkraft und Kohle streicht und der Strompreis in Deutschland ohnehin schon international an der Spitze liegt, muss sie sich nicht wundern, dass die Stromversorger alle möglichen erneuerbaren Varianten durchrechnen und auch Pellets als Kohleersatz in Erwägung ziehen. Das wird anderswo ja bereits gemacht. Beim DEPV sind wir grundsätzlich dagegen, subventionierte Pellets in Kraftwerken einzusetzen. Holz ist ein so hochwertiger Rohstoff, dass man ihn zur Wärmeerzeugung nur in Form von Resthölzern und auf hocheffiziente Weise in regionalen Kreisläufen verwenden sollte. Genau das passiert in Deutschland im privaten Wohnungsbau, Gewerbe und in kommunalen Einrichtungen erfolgreich. Dadurch werden große Mengen fossiler Brennstoffe substituiert und CO2 eingespart. Im Wärmesektor haben wir noch einiges vor!