Rund 30 Kilometer nordwestlich von Dresden liegt die Kleinstadt Großenhain. Hier ist der Firmensitz eines der größten Ofenbaubetriebe der gesamten Region, der Großenhainer Ofenbauer GmbH. Zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inklusive drei Auszubildenden sind hier beschäftigt. Das in Familienhand geführte Traditionsunternehmen besteht mittlerweile seit 60 Jahren, anfangs als kombinierter Ofenbau- und Fliesenlegerbetrieb, doch seit einem Jahr setzt Inhaber Hendrik Schütze den Fokus voll auf den Bereich Ofenbau. Von der Fliesensparte blieb der Großhandel mit Keramik für Wand und Boden, der die entsprechend spezialisierten Handwerksbetriebe mit Ware versorgt und eine Musterausstellung, die Fliesenleger auch mit ihren Kunden besuchen.
Der mehrfach erweiterte Firmensitz in der Großenhainer Schillerstraße beherbergt neben dem Lager auch eine stets Up to date gehaltene Ofenausstellung sowie als einer der ersten Betriebe bundesweit überhaupt einen virtuellen Showroom. Vor acht Jahren begann es mit einer Beamer-Präsentation auf einer Großleinwand, seit drei Jahren können die Kunden auch mit einer VR-Brille durch ihr neues Heim gehen, in dem natürlich unter anderem der künftige Ofen steht. Dazu später noch mehr.
Zur Zeit unseres Besuchs war ein coronakonformer Besuch der Ausstellung und eine Beratung nach Voranmeldung immerhin möglich, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter testen sich bereits seit März regelmäßig, wie es die sächsische Corona-Verordnung vorsieht. Das ist auch wichtig, denn bei der derzeitigen Auftragslage kann Hendrik Schütze sich keine Betriebsschließung wegen einer Infektionslage erlauben. Die Auftragsbücher sind für Monate im Voraus voll, da geht es Hendrik Schütze nicht anders als vielen Kolleginnen und Kollegen der Branche.
Neben der Auftragsorganisation und Bauleitung kümmert Hendrik Schütze sich um die Entwurfsarbeit – übrigens nicht allein, denn seine im Haus mitarbeitende Frau Steffi berät und plant ebenfalls Öfen, und die dritte Generation der Schützes steht in Gestalt von Tochter Helene ebenfalls in den Startlöchern. Sie absolviert ihre Ofen- und Luftheizungsbauer-Ausbildung zurzeit in Österreich.
Ein Tag mit Hendrik Schütze und seinem Team
Einen Tag lang haben wir Hendrik Schütze und sein Team begleitet, von der morgendlichen Auftragsvorbereitung über das einmal wöchentlich abgehaltene gemeinsame Frühstück mit allen Kolleginnen und Kollegen, wir haben den Firmensitz in der Schillerstraße bis in den letzten Winkel gesehen (ja, bis hin zu den Toiletten, die ein Highlight für sich sind) und haben die Urkunde zur „Selection“ der Ofenflamme überreicht. Außerdem waren wir bei Baustellenbesuchen mit dabei, wo es um die Klärung von Detailfragen bei der Umsetzung der Planungen ging. Rund 80 Projekte gleichzeitig haben die Großenhainer Ofenbauer in Arbeit – in allen unterschiedlichen Phasen. Durch die Corona-Pandemie hat sich die Auftragslage wie allgemein in der Branche nochmals gesteigert. Die Menschen sind mehr zu Hause, entdecken „Defizite“ wie einen fehlenden Kamin und das Geld, das anderweitig eingespart wurde, muss auch irgendwo hin. Eigentlich könnte es damit genug sein, aber Hendrik Schütze engagiert sich obendrein in der Bufa und ist Dozent für Meisterkurse an der Dresdener Handwerkskammer. Bei so vielen laufenden Jobs ist gute Organisation das A und O, und das haben beide Schützes drauf. Einer der Tipps, die Hendrik Schütze für eine schlanke und effiziente Betriebsführung parat hat, ist beispielsweise, sich bei den Lieferanten von Keramik und von Ofenmaterialien wie auch Einsätzen allgemein auf jeweils zwei bis drei Anbieter zu beschränken. Er zählt die Vorteile auf: „Es gibt unter den namhaften Herstellern ja praktisch keine ‚schlechten’ mehr, trotzdem ist es sinnvoll, sich bei den Zulieferern zu konzentrieren. Einerseits sind bei entsprechenden Umsätzen natürlich auch die Rabatte größer, aber das ist es nicht allein. Bei meinen Jungs auf der Baustelle sitzt bei den bekannten Produkten jeder Handgriff, da muss ich nichts mehr erklären. Ebenso ist es im Servicefall, wenn man einen guten Draht zu seinem Vertrieb hat, klappt das schnell und reibungslos. Und nicht zuletzt ist die Lagerhaltung einfacher. Dasselbe gilt sinngemäß für die Hüllenprodukte. Mit der hervorragenden Keramik von Sommerhuber und den kreativen Lösungen von Kaufmann Keramik können wir praktisch sämtliche noch so exotischen Ofenprojekte realisieren.“
Sieben Uhr morgens geht es los
Der Tag bei den Großenhainer Ofenbauern beginnt früh, normalerweise um 6.30 Uhr. Das war vor einigen Jahren sogar noch früher, bis Hendrik Schütze die Anfangszeiten für die Arbeit etwas nach hinten verlegte – um den Tagesrhythmus der Kunden nicht überzustrapazieren. Nach der Touren- und Einsatzplanung der Mitarbeiter draußen, kümmert sich Hendrik Schütze um die Abarbeitung des beachtlichen täglichen E-Mail-Aufkommens, das manchmal bis in den dreistelligen Bereich geht. Heute war eine spannende Anfrage für Öfen in einem ökologischen Siedlungsneubauprojekt in Brasilien dabei. Bei so etwas spitzt Hendrik Schütze die Ohren: „Auch Auslandsaufträge, meist im osteuropäischen Raum, sind für uns inzwischen nicht mehr ganz ungewöhnlich. Die mache ich in der Regel zur Chefsache, fahre da zum Ofenbau auch selbst hin. So ein Auftrag in Brasilien wäre natürlich besonders spannend, da wäre ich sofort mit dabei!“ Lachend fragt er dann: „Aber was mache ich da bloß mit der (Europa-)Karte an der Bürowand, in der ich markiert habe, wo wir schon überall tätig waren? Brasilien läge bei dem Maßstab ja irgendwo in einer Büroecke auf dem Fußboden, wenn’s langt.” Ob aus der Voranfrage ein Auftrag wird, ist natürlich noch ungewiss.
Inzwischen wartet im Aufenthaltsraum das Frühstück mit regionaltypischer sächsischer Brühwurst und Kaffee. Hier kommen auch private Themen zur Sprache, wie überhaupt ein herzliches und kollegiales Klima spürbar wird. Viele Mitarbeiter sind schon seit vielen, vielen Jahren mit von der Partie. „Mit den beiden aktuellen Azubis habe ich auch totales Glück gehabt,“ sagt Schütze, „beide sind blitzgescheit, und ich kann sie mit allem beauftragen, was so anfällt.“
Designpreis Ofenflamme: Selection-Auszeichnung
Wo schon alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Presse im Hause sind, wird gleich im Anschluss ans Frühstück ein Gruppenfoto organisiert, später werden die Mitarbeiter von Hendrik Schütze auch noch einzeln abgelichtet – für die Firmenwebsite, die er ebenfalls selbst pflegt.
Und dann ist es so weit: Die feierliche Übergabe der „Selection“-Auszeichnung der „Ofenflamme“ durch Redakteur Martin Henze steht an – ein passender Hintergrund in der Ausstellung – natürlich ein Kachelofen – ist schnell gefunden. Hendrik Schütze bedankt sich ganz herzlich und kündigt an, auch bei der nächsten „Ofenflamme“ wieder zwei, drei besonders gelungene Projekte einzureichen. Die aktuelle Auszeichnung ist ein weiterer Ansporn dazu.
Danach geht es durch die Ausstellung in der Schillerstraße, die von handwerklich gesetzten Kachelöfen und Küchenherden bis hin zu hochwertigen Kaminöfen das gesamte Spektrum anreißt, das Schützes stilistisch bedienen. Eine „Spezialität“ von Hendrik Schütze sind Hypokaustenöfen, ein Prinzip, das ihn von jeher technisch fasziniert hat. Neben Hendrik projektiert auch Steffi Schütze ihre Ofenanlagen von der Beratung über die Ofenplanung bis zur Feuertaufe komplett eigenständig. Ebenso eigenständig arbeitet Schützes Schwester in einer Ofen-Dependance in Dresden.
Die in der Ausstellung präsentierte Ofen-Hardware ist schön, vor allem, weil man bei der Keramik die Glasuren und Strukturen haptisch erfahren kann. Ein Highlight, das Martin Henze auch selbst ausprobieren durfte, ist allerdings auch der virtuelle Showroom, in dem der Kunde, ausgestattet mit VR-Brille tatsächlich „durch seinen eigenen Raum laufen“ kann und so nicht nur einen sehr realistischen Eindruck von seiner künftigen Ofenanlage erhält, sondern von der gesamten Raumsituation, in der sich der Ofen befindet (und wahlweise auch von digitalisierte Nachbarräumen oder gar der Einblick ins Haus vom Garten aus). Mit viel Liebe zum Detail arrangiert Hendrik Schütze in der 3-D-Planung mit PaletteCAD das Interieur fotorealistisch so, wie es später einmal aussehen wird – inklusive der originalen Kunstwerke, die beim Kunden an den Wänden hängen. Bei Neubauten ist es oftmals die erste Möglichkeit für die Baufamilie überhaupt, einen lebendigen Eindruck ihres Hauses zu bekommen. Hendrik Schütze sagt: „Da fragen mich die Auftraggeber häufiger, weshalb sie für ein solches Erlebnis zu ihrem Ofenbauer gehen müssen, ihr Architekt könne ihnen das nämlich nicht bieten.“
Hendrik Schützes Herangehensweise, die viele Ofenbauer natürlich ähnlich praktizieren, ist immer eine ganzheitliche Planung, die das Ambiente, die Innenarchitektur, mit berücksichtigt. Dass er auch in diesem Bereich eigene Kreativität an den Tag legt, beweisen unter anderem die Kundentoiletten – Orte, die in einem Firmenporträt für gewöhnlich keine besondere Erwähnung verdienen. Hier allerdings schon, denn Schütze hat sowohl auf der Damen- als auch auf der Herrentoilette zwei sehr eigenwillige „mood rooms“ kreiert. Wer diese Orte besucht, ist anschließend geneigt, auch bei der Gestaltung des eigenen Heims etwas mehr Fantasie in diesem Bereich zuzulassen, und mutiger zu sein.