Kreativität liegt der Familie Rutz seit Generationen im Blut, der Großvater war Kunstmaler und auch die Eltern waren zum handwerklichen Ofenbau berufen – die Mutter entwarf die Öfen, der Vater baute sie. Im elterlichen Betrieb absolvierte Tobias Rutz auch von 2000 bis 2003 seine Ausbildung und arbeitete anschließend zehn weitere Jahre als Angestellter seines Vaters. Sehr früh fuchste er sich in die Ofenplanung per CAD rein und übernahm in der Folge auch zunehmend die Entwurfsarbeit mit ihr. Dem Modernen demnach nicht verschlossen, arbeitet Rutz allerdings im Übrigen sehr traditionell. Seine Öfen bestehen – quasi nach dem „Reinheitsgebot des Ofenbaus“ aus Hafnerschamotte, Stahl und Keramik. Der Anteil industriell vorgefertigter Komponenten bei Rutz‘ Öfen ist sehr überschaubar und wurde in letzter Zeit weiter verringert. Sogar die Feuerungstüren baut er inzwischen meist selbst. Das kommt nicht von ungefähr: Unter anderem auf diversen Arbeitseinsätzen im Ausland, die ihn nach Italien, Frankreich, Deutschland, Österreich und sogar nach Kolumbien führten, eignete er sich weitere handwerkliche Fertigkeiten an, beispielsweise das traditionelle Schlosserhandwerk mit Nieten etc.. darüber hinaus erlernte er Verputz- und Maurerarbeiten mit historischen Materialien (Kalkputz, Naturstein, Tonplatten).
Handwerklich und was die Kreativität betrifft, schenkte sich Tobias Rutz auch im Privatleben nichts. Bereits seine erste Wohnung war eine von ihm selbst zum Loft umgebautes Gebäude einer ehemaligen Darlehenskasse. Um das Jahr 2013 herum, als auch die Gründung einer eigenen Familie anstand, wollte es der junge Ofenbauer „noch mal richtig wissen“. Er kaufte ein zum Abbruch bestimmtes historisches Bauernhaus im Grünen mit Berg- und Talblick, das er parallel zur Übernahme des väterlichen Betriebs in Eigenregie sanierte. Damals entschied er sich auch, im Ofenbereich nur noch handwerklich gefertigte Anlagen zu erstellen, sogar Feuertüren und andere Armaturen und eigene Kollektionen bestehen bei ihm aus Schwarzstahl (schlicht und funktional, mit verdeckten Scharnieren und einem möglichst immer sauberen Sichtfenster etc.). Dabei entstehen bei ihm alle Projekte aus eigener Feder und in enger Abstimmung mit dem Kunden.
Tobias Rutz‘ außergewöhnliches Talent und Engagement bleibt nicht ohne öffentliche Wahrnehmung. Bereits 2010 gewann er einen 3. Platz beim Innovationspreis des Toggenburger Wirtschaftsforums für seine Speicheröfen aus Schamotte und Schwarzblech. „Seither gab es immer wieder Ernennungen und Abbildungen vieler meiner Öfen in Zeitschriften, Magazinen und denkmalpflegerischen Berichterstattungen,” erklärt er – auch für eigene Kunstprojekte. Vor zwei Jahren erfolgte schließlich der Kauf/die Übernahme einer Gewerbeliegenschaft mit Antikofenbestand vom Vater. Diese Räumlichkeiten, in denen sich eine große Ausstellung mit antiken und zeitgenössischen Öfen sowie sein Atelier mit Keramikwerkstatt befindet, baut er sukzessive nach eigenen Ideen um – ein Prozess, der auch noch aktuell andauert. Um im Bereich der historischen Kachelöfen ebenfalls richtig fit zu werden und zum Beispiel Ergänzungskacheln selbst anfertigen zu können, brachte er sich seither auch noch die Grundzüge des Keramikerhandwerks autodidaktisch bei. Seit diesem Jahr gibt es auch eine eigene Kachelkollektion (handgeformt) von ihm – inklusive Erweiterung auf passende Fliesen als Gesamtgestaltungskonzept. „Damit bin ich schon sehr ‚back to the roots’ des ursprünglichen Hafnerberufs“, stellt Rutz freudig fest.
Pro Jahr bauen Rutz und ein langjährig angestellter Hafnerkollege um die 25 bis 35 Speicheröfen, verputzte Öfen, antike Kachelöfen, Speicheröfen mit Stahlmantel als Haupt- und Zusatzheizungen auf, dazu ein paar offene Feuerstellen (Kamine) und Holzkochherde sowie historische Kaminhüte. Rund 200 antike Kachelöfen aus vier Jahrhunderten hat Rutz am Lager – aus jeder Epoche sind dies ein paar Öfen, hauptsächlich Trouvaillen sowie diverse antike Holzkochherde und Hunderte bis Tausende antike Bauteile. Große Lagerbestände und Vorräte tragen dabei zu kurzen Rüstzeiten bei, was seine Auftraggeber sehr zu schätzen wissen. Trotzdem kann es dauern, einen Ofen von Tobias Rutz zu bekommen. Ab Frühjahr ist er meist bis in den Herbst ausgebucht. Seine Kunden, die ihn inzwischen außer über Mundpropaganda meist übers Internet finden, warten im Regelfall gerne darauf, dass er Zeit hat. „Mehr als einmal habe ich von Baufamilien gesagt bekommen, dass sie ‘endlich jemanden gefunden hätten, der Öfen so baut, wie sie sich das erträumt‘ hätten“, so Rutz. Sein Kundenspektrum deckt dabei alle Schichten und Einkommensklassen ab. Es zählen namhafte Architekten und Wirtschaftsgrößen ebenso dazu wie Büroangestellte. „Ich arbeite ‚für Bauern und Barone” wie er scherzhaft anmerkt. Immer wieder erreichen ihn auch Anfragen für Komplettaufträge zur Wohnraumgestaltung. Dafür habe er jedoch leider keine Zeit, so Rutz, er halte sich lieber an goldene Regeln wie: „Schuster bleib bei deinen Leisten” und „Um groß zu sein, muss man klein bleiben”. Das mag etwas tief gestapelt klingen angesichts der Bandbreite seiner Arbeit, die von historischer Restauration über historisierend bis zu schlicht-zeitgenössischem Ofenbau reicht. Wichtig ist ihm dabei, immer mit möglichst authentischen Materialien und Oberflächen zu arbeiten, Zeitlosigkeit und Nachhaltigkeit haben bei Tobias Rutz Priorität. Die Ofenanlagen dürfen gerne modern sein, aber nicht modisch. In Speicheröfen ab einer gewissen Größe integriert er gerne handwerklich gefertigte Feuerräume mit Gewölbeabdeckung zum Backen, Kochen und Grillen auf dem Schamotteboden (Brot, Pizza, Aufläufe, Eintöpfe und so weiter).
Wenn irgend möglich, konzipiert er seine Öfen als unabhängige und krisensichere Heizung, das heißt, dass sie stromlos und ohne Wasseranbindung funktionieren. Innovativ blieb Tobias Rutz unterdessen auch in technischer Hinsicht. Besonders stolz ist er auf die Erfindung und Herstellung einer mechanischen Abbrandregelung für Holzöfen, die dank Schwerkraft stromlos funktioniert und aktuell zum Patent angemeldet ist. Außerdem lässt er nach eigenem Entwurf gerippte Gusseisenplatten für die Auskleidung offener Kamine für den Eigenbedarf fertigen – eine Idee, die ihn schon seit 2010 umtreibt. Und er betreibt skurrile Aktionskunst mit Happening-Charakter – beispielsweise die Beerdigung eines kompletten Stahlspeicherofens, der nach einjähriger Liegedauer im September dieses Jahres „exhumiert“ werden soll und so nach der Reinigung „einhundertjähriges Blech“ symbolisieren soll.
In der kostbaren Freizeit steht bei ihm die Familie mit drei Töchtern (1, 3 und 7 Jahre) ganz oben an. Gestalten und Sinnieren tut er gerne bei lauter Musik (Metal und Rock), doch bei Touren mit seinem T3-Bulli Westfalia Joker darf es ansonsten auch mal ruhig und entschleunigt zugehen.