Auf der World of Fireplaces brillierte Piazzetta mit einer wirklich spannenden Neuheit – dem für automatisierten Pellet-/Scheitholz-Hybridbetrieb ausgelegten „E228 H Infinity“, ein frei vor einer Wand stehender Speicher-Kachelofen mit beheizter Sitzbank, in der auch der XXL-Pellet-Vorratsbehälter für bis zu 30 Stunden autonomes Heizen untergebracht ist, um nur einige Besonderheiten dieses multifunktionalen Ofens zu nennen. Damals verabredeten wir mit Alberto Martinez, dem Gebietsverkaufsleiter für Deutschland, Österreich und die Schweiz, einen Werksbesuch in Asolo, um die „Geburtsstätte“ dieser und anderer Ofeninnovationen genauer kennenzulernen. Praktischerweise konnten wir uns auf eine Schulungsveranstaltung einer Gruppe deutscher Ofenbauer „aufschalten“, die diesen Personenkreis auch noch tiefer in Technik und Service der Geräte einsteigen ließ.
Blick in die Vergangenheit
Zunächst ein Schwenk über die Historie des Unternehmens, das vor über 60 Jahren als klassischer Baustoffbetrieb für Zementprodukte begann. Es vergingen neun Jahre, bis Firmengründer Domenico Piazzetta 1969 aus dem Material einen ersten offenen Kamin herstellte. Dieser war gleich schon mit einem hochwertigen Feuerraum aus Gusseisen ausgestattet. Die Kamine kamen gut an, durften allerdings noch etwas schicker werden. Deshalb entstand 1975 eine weitere Abteilung für Marmorverkleidungen. Bereits ein Jahr später kam der erste Stahlkamin mit patentierter „Multifuoco“-Kanalisierung für die Wärmeversorgung mehrerer Räume auf den Markt, ein Prinzip, das Piazzetta bis heute immer weiter perfektionierte. Seit 1982 gibt es bei Piazzetta eine eigene Abteilung für Keramik, 1990 lässt man das neue Material Aluker patentieren, das die Verbrennung und Wärmeverteilung verbessert, 1994 präsentiert man mit „Stubotto Kam“ den ersten originellen Kaminofen mit Majolika-Kacheln. 1990 wird der Pelletofen „P940“ entwickelt und gefertigt – er zeichnet sich durch geringen Verbrauch und hervorragende Heizleistung aus. Ab 2004 werden unter der Marke Piazzetta Design exklusive Kamine vertrieben, die sich durch Einzigartigkeit und prestigeträchtige handwerkliche Verarbeitung auszeichnen. 2010 feiert das Unternehmen sein 50-jähriges Jubiläum und lanciert mit den Panoramic-Kaminen die bisher exklusivsten Feuerstätten des Hauses. Im Jahr 2013 wird die kanalisierte Luftführung durch eine elektronische Steuerung zu „Multifuoco plus“ aufgewertet. 2018 wird die erste Baureihe der „Wall Flush“-Kamine für den Wandeinbau wird vorgestellt. Sie stehen für Innovation, Design und Erlesenheit. Unter der Bezeichnung „Infinity Plus-Linie“ wird 2019 eine neue Reihe von Hybridöfen vorgestellt, mit denen ein Raum oder das ganze Haus mit Holz und Pellets beheizt werden können. Letzte Neuheit in diesem Zusammenhang ist der eingangs schon erwähnte Hybrid-Speicherofen „E228 H Infinity“.
Zurück in die Gegenwart
Damit zurück zu unserem Werksbesuch, der mit einem Rundgang in „Flussrichtung der Stoffströme“ – von der Produktion der hochwertigen Majolika-Keramik bis zur Verladerampe für die Auslieferung der fertigen Feuerstätten begann und der mit Einblicken in die Entwicklungsabteilung, das Testlabor und in die Verwaltung endete. Was wirklich beeindruckte, war das breite Spektrum verschiedener Produkte, die bei Piazzetta gefertigt werden (Pellet- und Scheitholz- sowie Hybridöfen, Kamine, Gasfeuerstätten und wasserführende Geräte zur Wohnraumaufstellung sowie Kessel für den Heizungsraum), aber auch die Verarbeitungstiefe, die in der Ofenindustrie sicher ihresgleichen sucht. Zugekauft werden lediglich die Sichtscheiben aus Glaskeramik (Lieferant ist hier Schott Robax), ferner Elektrik- und Elektronikkomponenten für die Steuerung, Gebläsemotoren und die Pelletförderung sowie bei den Gasgeräten die entsprechenden gasdurchflossenen Bauteile. Manche Stahlblechteile für Kamine und Öfen stammen von Vorlieferanten aus der Region, mit denen eine jahrelange vertrauensvolle Zusammenarbeit gepflegt wird. Alle Piazzetta-Feuerstätten sind entwickelt, gestaltet und „Made in Italy“. Da Konstruktion, Verwaltung und Produktion am Standort Asolo gebündelt sind, ergibt sich ein entscheidender Vorzug der „kurzen Wege“. Überhaupt sind die Hierarchien im Unternehmen flach, überall stehen die Türen zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis hin zur Geschäftsleitung offen, sodass jegliche Auffälligkeiten im Produktionsablauf sofort besprochen und korrigiert werden können.
Handarbeit und industrielle Produktion
Ebenfalls beeindruckend war die Verbindung von industrieller Produktion mit einem doch auch noch erstaunlich hohen Anteil an Handarbeit, nicht nur bei der Endmontage, sondern vor allem auch bei der Herstellung der traditionellen Majolika-Keramik. Piazzetta hat das größte Produktionswerk für diese spezielle Keramik in Europa. Der Fertigungsprozess ist nicht nur zeitintensiv, denn die Trocknung der keramischen Bauteile vor dem Brand und auch die Abkühlphasen sowie der Glasurauftrag lassen sich nicht künstlich beschleunigen. Die Majolika wird aus sorgfältig abgemessenen und kombinierten Tonen und Sanden hergestellt. Die vier wichtigsten dieser Bestandteile sind Kaolin, Talk, Quarz und Schamotte. Alle Komponenten werden mit Wasser und Verflüssigungsmittel gemischt, bis eine definierte Konsistenz erreicht ist, die von den ersten Piazzetta-Keramikern an die heutigen Keramiker weitergegeben wurde. Nach einer dreitägigen Ruhezeit wird die Mischung je nach dem herzustellenden Teil in die Packungsformen gespritzt oder in die Bankformen gegossen. Die Aushärtezeit der Mischung variiert je nach Form und Umgebungsbedingungen und reicht von mindestens zwei bis maximal zwölf Stunden. Nach der Endbearbeitung erfolgt die Trocknung: ein präziser Zyklus aus drei Phasen, der insgesamt 22 Stunden dauert, wobei jede Phase bei unterschiedlichen Temperaturen erfolgt, um bestimmte Ziele zu erreichen. Auf das Trocknen folgt das Brennen, das in einem vierstündigen Zyklus in einem Rollenofen erfolgt, einer industriellen Investition, die die ersten konventionellen Öfen ersetzt, die vom Aufheizen, über das Brennen bis zum Abkühlen 31 Stunden benötigen. Die gebrannten Stücke werden nun abgelängt, die Kanten bearbeitet und die Oberfläche geschliffen: drei manuelle Vorgänge, die die Qualitäten der Handwerker noch einmal unterstreichen. Dann werden die Stücke glasiert und erneut gebrannt, damit die Glasur schmilzt und auf dem Keramikstück haften bleibt. Jede Emaille hat ihre eigene Schmelztemperatur, was wieder viel Erfahrung der Mitarbeiter verlangt, die über 40 verschiedene Farbtöne anbieten können, um die Beschichtungen individuell zu gestalten. Anschließend werden diese Teile auf ihre Konformität mit den geforderten Qualitätsnormen geprüft und dann entweder verspannt und verpackt oder nochmals überarbeitet. Die Dekoration der Stücke erfolgt mit einer Emaille, die der bereits verwendeten ähnlich ist, aber bei einer niedrigeren Temperatur gebrannt wird und mit dem Pinsel auf die Oberfläche der Emaille aufgetragen wird: ein wahres Kunstwerk, das nach einem 15-tägigen Prozess fertiggestellt wird und jedes Stück zu einem Unikat und Ihren Ofen zu einem unvergleichlichen Designobjekt macht.
Majolika „lebt“ übrigens in jedem Ofen beim Kunden weiter. Im Laufe der Benutzung bildet sich an der Keramik oft ein für dieses Material charakteristisches „Spinnennetz-Muster“ auf der Oberfläche heraus. Das an einigen Stellen der Majolika-Verkleidung sichtbare „Spinnennetz“ (insbesondere an Punkten, an denen besonders hohe Temperaturen erreicht werden) stellt den klassischen Craquelé-Effekt dar. Die Risse entstehen durch den unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zwischen dem inneren Scherben (Substrat) und der äußeren Glasur. Durch die während des Betriebs erzeugte Wärme dehnt sich der innere Scherben aus und verursacht diese Haarrisse.
Der letzte Arbeitsschritt an den Majolika-Verkleidungen ist das millimetergenaue Anbringen der Halter und Gewinde, mit denen die Keramik schließlich am Ofenkorpus befestigt wird – ein weiterer Arbeitsschritt, der viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung verlangt.
In einer nächsten Werkshalle schließlich erfolgt die Endmontage der Öfen und Kamineinsätze. Hier werden auch die elektronischen Steuerungen, Gasbrenner oder Gebläse für die Multifuoco-Ausstattung eingebaut. Die Raffinesse dieser Einrichtung ist die Warmluftumwälzung nach unten aus dem Gerät heraus. Dieses spezielle Piazzetta-Patent, das noch auf den Firmengründer Domenico Piazzetta zurückgeht, sorgt dafür, dass die Warmluft nicht, wie sonst üblich, ausschließlich konvektiv nach oben abfließt und am Boden eine ungemütliche Kaltluftzone hinterlässt, sondern zunächst warme Luft an die Füße bringt. Im Silent Modus funktionieren die Öfen übrigens ohne Gebläse wie jeder konventionelle Ofen sonst auch.
Schließlich werden wir in den Labor- und Verwaltungstrakt geführt. Hier befinden sich auch eine Ausstellung, in der die wichtigsten aktuellen Produkte haptisch zu erleben sind sowie die Schulungsräume, in denen am Tag unseres Besuchs Hochbetrieb herrschte. Neben unserer deutschen Delegation waren auch weitere europäische Handwerkspartner im Haus, die jeweils ihr eigenes Programm hatten. Rückblickend können wir nur sagen: Es war hoch spannend – und auf jeden Fall eine Reise wert. Ganz allgemein eine Empfehlung für die Handwerkerschaft. Erkundigen Sie sich bei Alberto Martinez, wann weitere Termine angeboten werden.