Der 17. Norddeutsche Kachelofenbauertag 2020 war die letzte Branchenveranstaltung „vor“ Corona, der 18. Kachelofenbauertag in diesem Jahr zählte zu den ersten Großseminaren, die wieder stattfinden konnten – praktisch ohne jegliche Auflagen. Allerdings war auch der ungewöhnlich späte Termin vom 29. bis 30. April noch der Pandemie geschuldet, doch ansonsten war die Atmosphäre auf dem 18. Norddeutschen Kachelofenbauertag beinahe „wie früher“ – wenn nicht mit dem Ukraine-Krieg und daraus resultierenden Ungewissheiten ein neues Sorgenthema im Hintergrund mitschwang. Auf das Veranstaltungsprogramm und die Vortragsinhalte hatte dies noch keinen großen Einfluss, denn die Referenten und ihre Themen standen schon längere Zeit fest.
Erster Redner nach der obligatorischen Begrüßung durch Landesfachgruppenleiter Jens Cordes war der neue Landesinnungsmeister SHK Marco Hanke, der für den der Kontakt mit einer so großen Zahl an Ofenbauern auch eine Premiere darstellte. Aus dem klassischen Heizungsfach kommend, plädierte er auch für den Bereich Ofenbau für Technologieoffenheit im Wärmesektor – ohne Holzfeuerung sei die Energiewende nicht zu schaffen. Dann wurde er noch ernster, als er sagte: „Die Branche blüht, aber es gibt keinen Nachwuchs.“ Das sei kein neues, aber eines der drängendsten Probleme dieser Zeit. Mit einer weiterhin positiven Geschäftsentwicklung rechnet er auch für den weiteren Jahresverlauf.
Nach einem kurzen Grußwort von Jörg Kibellus, Landesinnungsobermeister der Schornsteinfeger in Mecklenburg-Vorpommern nahm ZVSHK-Referent Tim Froitzheim das Stöckchen „Abgasanlagen“ auf und erklärte in Grundzügen die neuen Ableitbedingungen – nicht ohne mit der ihm eigenen Ironie seiner tiefen Enttäuschung über den Ablauf des Verfahrens und die beschlossene „Lösung“ Ausdruck zu verleihen. „Die geänderten Ableitbedingungen sind das komplizierte Monster geworden, vor dem wir immer gewarnt haben – alle Versuche, auf die Politik einzuwirken, um eine praxisgerechte Lösung zu erreichen, blieben ungehört“, so Froitzheim, „der Klopfer ist allerdings, der Satz in §19: ‚Können mit der Ausführung nach den Sätzen 1–5 (Anm.: darin ist die regelhafte Ableitung beschrieben) schädliche Umwelteinwirkungen nicht verhindert werden, muss der Schornstein gemäß der Richtlinie VDI 3781 Blatt 4 (Ausgabe Juli 2017) unter Berücksichtigung der vorgelagerten Bebauung und Hanglage ausgeführt werden‘. ‚Schädliche Umwelteinwirkungen‘ sind ein Gummibegriff, mit dem alles ausgehebelt werden kann, was in den Sätzen davor stand. Da geht es eher um Nachbarschaftsbeschwerden als um harte physikalische Größen, und das sorgt für absolute Planungsunsicherheit. Unsere Kritik wendete sich unter anderem daran, dass selbst der jetzt festgeschriebenen VDI eine sinnvolle physikalische Grundlage fehlt.“ Weiter ist in dem §19 die Rede davon, dass bei „Unverhältnismäßigkeit“ der Anforderungen aus Satz 1 bis 6 der Absatz 2 anzuwenden sei. Dieser sei bekannt – er entspricht der alten verschärften BImSchV-Regelung aus dem Jahr 2010. Immerhin: Bestandsanlagen, auch wenn diese wesentlich geändert werden, sind nach der aktuellen Regelung dank Verbändearbeit zum Glück nicht betroffen. Auch beim Wechsel des Brennstoffs bleibt es bei der Ausführung nach Absatz 2, also der alten Regelung. „Jetzt gibt es trotzdem noch jede Menge Auslegungsfragen, deren Klärungszeitpunkt allerdings zurzeit ungewiss ist“, so Tim Froitzheim.
Im zweiten Teil seines Vortrags ging er auf die hinlänglich bekannten Äußerungen des UBA-Präsidenten Messner aus dem Winter ein, die genau zu dem Zeitpunkt kamen als der neue Luftqualitätsbericht auf der UBA-Seite veröffentlicht wurde. Es sei etwas unfair und ketzerisch, die Situation hier zum Beispiel mit der in Delhi zu vergleichen. Wenn der WHO-Grenzwert von 5 Mikrogramm Staub je Kubikmeter (statt bisher 25) verbindlich würde, lägen auf den Schlag 99 Prozent aller Messstationen über den zulässigen Jahresmittelwerten. Außerdem würden die Grenzwerte auch in Deutschland allein durch natürliche Ursachen immer wieder überschritten. Aber auch schon bei den Messmethoden sei Kritik angebracht, entsprächen doch die Aufstellorte längst nicht überall der Norm, die dafür mal beschlossen wurde. Immerhin sei es seit Kriegsbeginn gegen die Ukraine wieder etwas stiller um das Thema geworden.
So ganz ging es dann doch auch nicht ohne die Auseinandersetzung mit möglichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland ab – zum Beispiel im Vortrag von Susanne Weiss-Janoschek, Projektingenieurin bei der LEAG, die über die künftigen Herausforderungen im Brennstoffmarkt sprach. Sie könnten der heimischen Braunkohle noch eine wichtige Rolle während der verbleibenden Karenzzeit bis zum Ausstieg bescheren. Bei der LEAG und ihrer Marke Rekord würde man sich allerdings ohnehin schon länger mit anderen Festbrennstoffen, zum Beispiel Scheitholz und Pellets, weiter diversifizieren und habe zu dem Zweck Anfang April den neuen Bereich „Biomasse“ geschaffen und im Übrigen das Pelletierwerk in Schwedt übernommen und plane auch die Entwicklung neuer biogener Brennstoffe, zum Beispiel „torrefizierter Holzbrennstoffe“ (lt. Wikipedia „die thermische Behandlung von Biomasse ohne Luftzutritt, was zu einer pyrolytischen Zersetzung und Trocknung führt. Das Verfahren wird bei 250 °C bis 300 °C durchgeführt, einer für die Pyrolyse relativ niedrigen Temperatur. Ziel ist, ähnlich wie bei einer Verkokung, die Erhöhung der massen- und volumenbezogenen Energiedichte und damit des Heizwerts des Rohmaterials, eine Steigerung der Transportwürdigkeit oder eine Reduzierung des Aufwands bei einem nachfolgenden Zermahlen von Biomasse.“). Pellets seien ein starker Wachstumsmarkt. Auch wenn der Sektor absolut gesehen bislang noch recht klein sei, würde er sich in den nächsten Jahren noch entwickeln, so die Prognose von Weiss-Janoschek. Verhaltene Freude äußerte sie über den geplanten Ausstieg des Mitbewerbers Rheinbraun aus dem Brikettgeschäft zum Jahresende. Das sei ja „eigentlich schön für die LEAG, aber kapazitätsmäßig nicht zu schaffen“.
„Gedanken zur Zukunft mit Brunner“
Schulungsleiter Klaus Leihkamm stellte das neue Programm der „green“-Heizeinsätze vor, das konstruktiv eine Zäsur zu den bisherigen Feuerstätten darstellt und sich durch geringste Emissionswerte und höchste Effizienz auszeichnet. Durch optionale Ergänzung von Sekundärmaßnahmen wie Katalysator und Staubabscheider würden green+ beziehungsweise green++-Geräte mit nochmals erheblich gesenkten Emissionswerten daraus. Diese seien in den neuen Einsätzen auch jederzeit nachrüstbar. Mit dem neuen Konzept wäre man auch für mögliche Verschärfungen gesetzlicher Anforderungen gut gerüstet.
Erstmals im Rahmen des Kachelofenbauertags bot man einigen Stammausstellern die Möglichkeit, Firmen- und Produktpräsentationen auch in Vortragsform an die TeilnehmerInnen zu bringen. Von dieser Möglichkeit machten unter anderem Hubertus Brunner für die Brunner GmbH, Andreas Schönfeld für die Spartherm Unternehmensgruppe, Colin Rokossa für Camina & Schmid Feuerdesign, Martin Ruholl für Austroflamm und Daniel Reisinger für die Wolfshöher Tonwerke Gebrauch. Den Auftakt machte hier Bernd Bornemann, Bereichsleiter Vertrieb bei Wöhler, der unter anderem ein Gerät zur Ringspaltmessung in LAS-Systemen vorstellte, mit dem sich Undichtigkeiten des abgasführenden Innenrohrs bei Gaskaminen feststellen ließen. Es folgte ein Beitrag von Daniel Reisinger (Wolfshöher Tonwerke) zum richtigen Einheizen von Holzbacköfen. Hierzu gäbe es von Wolfshöher auch einige Erklärvideos bei Youtube im Netz.
Welche Möglichkeiten der Schadstoffreduzierung durch Abgasnachbehandlung heute schon zur Verfügung stehen, darüber informierte Achim Syndikus, der über die Entwicklung und aktuell verfügbare Produkte zur Feinstaubabscheidung von der Firma Oekosolve referierte. Gemäß der Auslegungsfragen des LAI könne durch der Einsatz solcher Staubabscheider eine gute Alternative zum Gerätetausch sein und in einigen Fällen auch den Weiterbetrieb bei Verbrennungsverboten ermöglichen.
Vom Wandel im Energiesektor könnte auch die Flüssiggasbranche profitieren. Einen interessanten Vortrag hierzu lieferte Peter Günther von der Primagas Energie GmbH, der die verschiedenen Möglichkeiten der Installation von Flüssiggastanks nach TRF (Technische Regeln Flüssiggas) aufzeigte. Ihm folgte Spartherm-Geschäftsführer Andreas Schönfeld, der die Unternehmensstruktur seit Gründung der Gerhard-Manfred-Rokossa-Stiftung skizzierte. Diese sei keine der üblichen Familienstiftungen, „um dort Kapital zu sichern“, sondern eine gemeinnützige Stiftung, an die entsprechend hohe Anforderungen gestellt würden, unter anderem eine jährliche Prüfung der Gemeinnützigkeit. Der Stiftungszweck sei die Förderung der häuslichen (Holz-)Feuerung. Die Stiftung unterstützt unter anderem die Ausbildung zu Berufen im OL-Bereich, Forschungsprojekte und sei auch im Gesamtverband Ofenbau (GVOB) engagiert.
Auch Colin Rokossa nutzte für die Firma Camina & Schmid die Gelegenheit zur Neuheitenpräsentation, für die er dem Veranstalter des Kachlofenbauertags ausdrücklich dankte. Sein Fokus lag auf Systemkaminen aus seinem Hause, insbesondere der Exclusiv-Linie. Damit solle dem Ofenbauer die Möglichkeit gegeben werden, schneller und effizienter Kamine zu errichten. Wesentliche Vereinfachungen wären unter anderem durch das Blendrahmensystem oder durch den Bau von Kaminanlagen mit nachgeschaltetem keramischen Zugsystem gegeben, für die Camina & Schmid ein hauseigenes Modulsystem bereithält. Mit der Exclusiv-Linie sei darüber hinaus eine geschlossene Bauweise ohne Luftgitter möglich. Abschließend stellte er das völlig neue zum Unternehmen zählende ROWA-Werk vor, das genau zum Zeitpunkt des Kachelofenbauertags seinen Betrieb aufnähme und mit doppelter Produktionsfläche das alte Werk in Rathenow ablöst.
Die fachgerechte Ausführung von Verbindungsstücken zwischen Feuerstätte und Schornstein waren das Thema des Fachvortrags von Steffen Bobsien (Schornsteinfegerinnung M.-V.).
Mit Bescheidenheit eröffnete anschließend Hubert Ziegler (Ofen Innovativ) seinen Vortrag („Ich möchte hier nicht so sehr meine Produkte promoten – wer mich kennt, der weiß das ...“). Stattdessen referierte er zur Lösung täglicher Praxisfragen, beispielsweise zur benötigten Verbrennungsluftmenge und räumte mit möglichen Unklarheiten bei den Herstellerangaben auf normgeprüften Geräten auf.
Nach diesem gespickten Programm stand für die rund 160 TeilnehmerInnen der gesellige Ausklang mit großem Buffett an.
Zweiter Veranstaltungstag
Zu Beginn des zweiten Veranstaltungstags wurde es noch einmal etwas theoretischer – Rechtsanwalt Dr. Hans-Michael Dimanski klärte über die rechtliche Bedeutung von Abnahme, Gewährleistung und Garantie im OL-Handwerk auf und über Möglichkeiten, diese gegenüber dem Kunden rechtswirksam zu erklären, ohne ihn über Gebühr „zu strapazieren“. Einer der Kernsätze seines Vortrags war: „Das Lebensglück des Unternehmers ist die Abnahme“. Hier bestünden allerdings in der Praxis einige Irrtümer. So sei es beispielsweise nicht erforderlich, dass der Auftragnehmer (Handwerker) persönlich zur Abnahme anwesend sein müsse. Gegenüber dem Kunden habe er zwei Hauptpflichten: Ein mangelfreies Werk zu liefern und dies zu übergeben. Die Hauptpflichten des Auftraggebers seien die Abnahme und die Bezahlung des Werks. Die Abnahme sei eine einseitige Willenserklärung des Kunden, zum Beispiel durch Unterschrift auf dem Abnahmeprotokoll, oder aber auch durch „schlüssiges Verhalten“, was zum Beispiel in der Bezahlung der Schlussrechnung läge. Es gibt laut Dimanski zumindest ein Gewerk in Deutschland, das die „konkludente Abnahme“ sogar mit einem „Event“ regelmäßig auf sehr elegante Weise hinbekäme: Zimmerleute! Denn hier gälte das Richtfest eines Hauses zugleich als Abnahmetermin.
TROL 2022
Tobe Hinrichs informierte im nachfolgenden Vortrag auf die völlig runderneuerte TROL 2022 und die wesentlichen Änderungen darin, die wir hier nur in Kürze skizzieren können. So ist zum Beispiel die Berechnung der Nennwärmeleistung einer Feuerstätte jetzt erstmals aus dem Regelwerk der TROL möglich. Eine zweite wesentliche Neuerung sei die Beschreibung zur Verbrennungsluftversorgung, geregelt in Kapitel 5. Hierzu habe sich ein Arbeitskreis der Verbände zwischen 2014 und 2017 sehr umfangreiche Gedanken gemacht, die in entsprechend klaren Festlegungen gemündet seien. Ferner sei jetzt auch beim Warmluftofen aus der TROL eine Leistungsberechnung möglich, und schließlich sei die bislang baurechtlich nicht sauber definierte Hypokauste nun endlich inklusive der erforderlichen Berechnungsgrundlagen in der TROL verankert. Ein besonderer Dank hierfür gilt Hendrik Schütze, auf den dieser Teil wesentlich zurückginge. Bei der Berechnung von keramischen Zügen habe es bislang drei Möglichkeiten gegeben, die alternativ gewählt werden konnten. Die sei nun mit vielen Variationen in einem Schritt möglich. Voraussichtlich ab Oktober/November würden zur TROL eine Reihe an Onlineschulungen angeboten, um die Inhalte des Regelwerks in der Breite der Handwerkerschaft zu etablieren. In der nachfolgenden Diskussionsrunde regte Hubert Ziegler an: „Ich bin ja Empiriker. Ich würde mir wünschen, dass wir die nächste Zeit mal nutzen, um einige der Regeln mal im Praxisversuch zu messen und zu überprüfen.“ Dazu meinte Tobe Hinrichs: „Eine geniale Idee! Damit rennst Du offene Türen ein. Solche Vorschläge können und werden gerne auch mit Unterstützung des GVOB und der Industrie aufgenommen.“
Als Mitglied des Werbeausschusses und Vorstandsmitglied des GVOB trat nun Anja Steenweg auf die Bühne. Hier erklärte sie dem Auditorium noch einmal im Detail die verschiedenen Bereiche des ja noch recht jungen Zusammenschlusses, der AdK als Kommunikationsmarke, der Ofenhelden als Kommunikationsmarke, der Gütegemeinschaft als Qualitätsgarant (Mitglieder dieser Sparte könnten das RAL-Gütesiegel führen) sowie des Roten Hahns als „Marke für den Meisterhaften Kachelofenbau“. Mit einem Mitgliedsbeitrag von 400 Euro sei man als Handwerker im GVOB dabei.
Für die Europäische Feuerstätten Arbeitsgemeinschaft e. V. (EFA) machte sich danach Friedrich Allendorff philosophische Gedanken um Konzepte für die Branchenzukunft, unter anderem zu Dauerbrennerthemen wie der angeblich nicht nachhaltigen Nutzung von Holz als regenerativem Brennstoff und zur Diskussion um die Luftverschmutzung. Hier gäbe es gute Argumente, solcher häufig nicht stichhaltigen Kritik zu begegnen. Auch gäbe es interessante Instrumente wie einen Ofenführerschein oder eine verpflichtende Feuertaufe mit Betreiberschulung. So könne man zum Beispiel dem Baumarktgeschäft begegnen, denn von dort sei dies nicht qualifiziert zu leisten. Er schloss mit einer Aufforderung an die Branche, zusammenzustehen und sich auch in der Verbandsarbeit intensiv zu engagieren.
Im letzten Referat des Kachelofenbauertags beschrieb Daniel Reisinger (Wolfshöher Tonwerke) den idealtypischen Ablauf bei der Erstellung eines gemeinschaftlich genutzten Dorfbackofens von der Planung bis zur Realisierung. Eröffnet, moderiert und geschlossen wurde auch dieser 18. Norddeutsche Kachelofenbauertag humorvoll und routiniert vom Landesfachgruppenleiter OL in Mecklenburg-Vorpommern, Jens Cordes. Unterstützt wurde er wie immer von Torsten Rabe.
Mehr Bilder der Veranstaltung finden Sie auf unserer Internetseite www.kl-magazin.de, unter dem Menüpunkt Galerie.