K&L-Magazin: Herr Last, Sie sind seit über 40 Jahren in der Wärmebranche tätig. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Dieter Last: Mit vielen engagierten Wegbegleitern und manchmal sehr herausfordernd, wie Sie sich vorstellen können. Ich bin ja an der Basis, also im Handwerk als Schornsteinfegermeister gestartet, um dann über den Vertrieb und das Marketing in der Fachpresse anzukommen. Es gab in dieser Zeit zahlreiche Höhenflüge, aber auch ordentliche Bauchlandungen in der Abgas- und Feuerstättenbranche. Die technische Entwicklung ging dabei stets voran. Die echten Herausforderungen wurden aber fast immer durch die Förderpolitik verursacht, die zu überhitzten oder eben abgekühlten Marktsituationen beigetragen hat. Wir sind und waren im Wärmemarkt fast nie überfordert, aber gelegentlich überfördert.
K&L-Magazin: Nachdem die Bundesregierung mit dem Gebäudeenergiegesetz GEG ja im letzten Jahr nicht gerade Begeisterungsstürme in der Bevölkerung hervorgerufen hat, kam seit Beginn des Jahres mit dem BEG eine weitreichende Förderkulisse hinzu. Welche Folgen sehen Sie hier?
Dieter Last: Nun ja, grundsätzlich sehe ich dadurch drei Aspekte, die unser Handeln in den kommenden Jahren bestimmen werden. Erstens: Die Förderungen sind recht umfangreich ausgefallen. Da wird man sich nicht beklagen, auch wenn die Wärmepumpen-Technologie meiner Meinung nach zu eindeutig bevorzugt wurde bzw. wird. Zweitens: Die Branche hat für alle Bedarfsfälle attraktive Lösungen zu bieten. Wir haben auf allen europäischen Fachmessen tolle Produkte gesehen, die den Anforderungen des GEG gerecht werden und förderfähig sind. Drittens: Das Fachhandwerk wird sich trotz des Fachkräftemangels breiter aufstellen müssen. Es gibt nicht mehr, wie wir es lange Jahre gewohnt waren, das eine Heizsystem, das passt. Stattdessen sind es viel häufiger Hybridsysteme, die das Beste aus zwei Welten für das Objekt bzw. die Kunden verbinden. In der Aus- und Weiterbildung sind deshalb alle Marktpartner der Ofenbranche stark gefordert.
K&L-Magazin: Welche Konsequenzen hat dies für die Praxis?
Dieter Last: Die Gewerke sowie die marktbegleitenden Berater müssen viel intensiver kooperieren, um ihren Kunden optimale und bezahlbare Lösungen zu bieten. Das betrifft Kachelofen- und Luftheizungsbauer ebenso wie Energieberater, Schornsteinfeger und das SHK-Handwerk mit den Elektrotechnikern. Es muss wesentlich engagierter und kundenorientierter gemeinsam kommuniziert werden. Darüber hinaus brauchen wir viel mehr handwerkliche Kräfte, die fachlich sensible und/oder sicherheitsrelevante Arbeitsschritte sinnvoll unterstützen.
K&L-Magazin: Wie ist das zu verstehen?
Dieter Last: Ein qualifizierter Estrichleger sollte doch in der Lage sein, eine Flächenheizung ebenso zu verlegen, wie ein guter Fliesenleger oder Trockenbauer die Basisarbeiten zum baulichen Brandschutz durchführen kann. Da muss eben über den handwerklichen Tellerrand hinaus qualifiziert werden. Das ist nur logisch, da in einigen Baubereichen – speziell im Neubau – nicht nur kurzfristig, sondern auch auf absehbare Zeit eine konjunkturelle Abkühlung zu erwarten ist. Das Ofenhandwerk wird in den kommenden Jahren durch den Generationenwechsel beziehungsweise den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge der so genannten Boomer-Generation erfahrene Mitarbeiter verlieren, die kaum aufzufangen sind. Also muss man doch alles Erdenkliche versuchen, um diese fehlende Manpower zeitnah auszugleichen.
K&L-Magazin: Ob derartige Maßnahmen ausreichen werden?
Dieter Last: Wohl kaum. Die Hersteller aus der Ofenbranche tun zwar wirklich sehr viel; man entwickelt montagefreundlich Systeme sowie intelligente Steuerungen, schult auf allen Ebenen und Bereichen – in Webinaren genauso wie in Präsenz. Aber die Verarbeiter müssen auch mitziehen und diese Angebote annehmen. Außerdem wird meiner Meinung nach in Deutschland einfach zu wenig gearbeitet.
Frage: Machen Sie sich mit dieser Ansicht nicht unbeliebt?
Dieter Last: Das mag ja gesellschaftlich nicht gerade populär sein. Fakt ist aber: Bei uns ist der vollerwerbstätige Arbeitnehmer durchschnittlich nur noch 1.574 Stunden pro Jahr tätig. Selbst in Ländern wie Italien (1.718 Std./Jahr) oder Portugal (1.781 Std./Jahr) wird erheblich mehr gearbeitet; von Polen (1.848 Std./Jahr) mal ganz zu schweigen (Quelle: www.iwd.de). Das ist angesichts der demografischen Entwicklung in den Sozialsystemen sowie auch hinsichtlich der gewaltigen Aufgaben, die die Energie- und Wärmewende mit sich bringt, einfach zu wenig. Um die Attraktivität des Handwerks und die Leistungsfähigkeit zu erhalten, müssen die Mitarbeiter(innen) top motiviert werden – auch hinsichtlich des Einkommens.
K&L-Magazin: Haben Sie auch eine Meinung zur aktuellen Energiepolitik?
Dieter Last: Ganz sicher! Ich bin ein großer Fan bivalenter, also hybrider Heizsysteme, das haben Sie ja sicherlich schon bemerkt. Das erhöht die Versorgungs- und Betriebssicherheit für den Betreiber ganz enorm und rechnet sich im Gebäudebestand in den meisten Fällen. Darüber hinaus sollten wir die nachwachsenden Festbrennstoffe nicht gänzlich vernachlässigen. Die Nutzung dieser heimischen Energiequelle zählt für mich zu den wesentlichen Faktoren einer Wärmewende, die in der aktuellen Gesetzgebung aus ideologischen Gründen leider bewusst vernachlässigt wurde. Auch den Kritikern aus dem Umweltbundesamt sei gesagt: Es gibt für nahezu jeden Anwendungsfall abgastechnische Lösungen, um neue sowie bestehende Feuerstätten zu optimieren und eine ganz erhebliche Emissionsreduzierung zu ermöglichen. Elektrostatisch arbeitende Abscheider gewährleisten beispielsweise einen Feinstaub-Abscheidegrad von bis zu 90 % der lungengängigen Partikel.
K&L-Magazin: Und wie sehen Sie die Lage in der Energieversorgung?
Dieter Last: Auch das hat leider viel mit Ideologie und wenig mit Kostenbewusstsein, Zukunftsfähigkeit oder gar Effizienz zu tun. Wenn wir die Anzahl der strombasierten Energieabnehmer mit den Wärmepumpen sowie der E-Mobilität erhöhen, gleichzeitig aber die Zahl der erzeugenden Kraftwerke reduzieren, wird die Stromversorgung nicht nur volatiler, sondern auch kostenintensiver ausfallen. Das gefällt weder der produzierenden Industrie noch der Bevölkerung. Auch wenn wir den Anteil der regenerativen Stromerzeugung stetig ausbauen, wird es da über viele Jahre erhebliche Defizite und Abhängigkeiten geben. Hinsichtlich der Versorgung mit Wasserstoff bin ich leider auch skeptisch, da die Kapazitäten auf absehbare Zeit bei Weitem nicht ausreichen werden, um den bundesdeutschen Heizungsmarkt damit zu bedienen. Und die logische Folge: Eine häusliche Wärmeversorgung mit heimischen und nachwachsenden Brennstoffen ist dahingehend zeitgemäßer denn ja. Die heimische Feuerstätte lässt sich im Gebäudebestand ebenso gut kombinieren wie im Neubau. Das entlastet die Umwelt und den Geldbeutel des Betreibers.
K&L-Magazin: Trägt die bundesdeutsche Energiewende denn Ihrer Meinung nach wirkungsvoll zum Klimawandel bei?
Dieter Last: Wir verursachen in der Bundesrepublik Deutschland knapp 2 % der weltweiten, menschenverursachten CO₂-Emmisionen, obwohl wir nur 1 % der Bevölkerung abbilden. In der gesamten EU mit etwa 752 Millionen Bewohnern sind es etwa 8 %. Selbst wenn wir den Ausstoß unserer Treibhausgase auf Null reduzieren würden, wäre das leider zu wenig, um den Klimawandel umzukehren. Verstehen Sie mich nicht falsch – ich halte einen zeitnahen, aber maßvollen Wandel in der Energiepolitik für dringend geboten. Aber durch den europapolitisch verordneten Ausstieg aus dem Verbrauch fossiler Brennstoffe wird es weltweit sicherlich zu keiner Reduzierung des Erdöl- und Erdgasverbrauchs kommen. Was wir nicht abnehmen, steht dem Weltmarkt in erhöhtem Maße und damit billiger zur Verfügung. Das ist eine paradoxe Quersubventionierung anderer Abnehmer und Märkte, die dem Weltklima genauso schadet wie unserem Standort.
K&L-Magazin: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Last!