Alle genannten Vorzüge gelten nach wie vor uneingeschränkt, doch dann kamen der russische Überfall auf die Ukraine mit den bekannten gegenseitigen Sanktionen, die schließlich zum vollständigen Ausfall der russischen Gasimporte führten. In der Folge stiegen nicht nur die Preise fürs Gas exponentiell, vor dem letzten Winter drohte zudem eine nie zuvor dagewesene Versorgungskrise in Europa, die buchstäblich in letzter Minute durch Gastransfers und Flüssiggasimporte glimpflich abgewendet werden konnte. Doch der Ruf eines immer verfügbaren Brennstoffs war damit zumindest angekratzt. Ziemlich zeitgleich kam weiterer politischer Druck auf, dass stärkere Klimaschutzmaßnahmen nötig wären, was fossile Brennstoffe, zu denen auch Erdgas zählt, mit einschloss.
Inzwischen ist ein gutes Jahr vergangen, es wurde bei niemandem kalt im Haus, die Gaspreise sind wieder deutlich zurückgegangen, und für den kommenden Winter sind auch die Gasspeicher gut gefüllt. Ein Anlass für das K&L-Magazin, sich bei den speziell im Bereich Gasprodukte tätigen Brancheninsidern umzuhören, wie sich die vorgenannte Situation bei den Bürgern und der Nachfrage nach Gasfeuerstätten ausgewirkt hat. Die Antworten dieses Stimmungsbarometers kamen von Colin Rokossa (Geschäftsführer bei Camina & Schmid), Peter Lass (Vertriebsleiter Gasprodukte bei Spartherm) und Ann Gela Ukena (Marketingleitung bei Leda)
K&L: Wie hat sich das Gasgeschäft bei Ihnen in den letzten Monaten und Jahren entwickelt?
Colin Rokossa: Mit Beginn des Konfliktes in der Ukraine und der damit verbundenen Unsicherheit um den Energieträger Gas ist die Nachfrage für Neuprojekte im europäischen Raum regelrecht eingebrochen. Mittlerweile ist die Nachfrage wieder etwas gestiegen, jedoch bei weitem nicht auf dem Niveau wie 2021 und zuvor.
Peter Laß: Nach einer langen Wachstumsphase war das Gasgeschäft hinsichtlich der Auftragseingänge temporär deutlich rückläufig. Aktuell ist eine Stabilisierung erkennbar, wobei wir jedoch leider noch nicht wieder das Niveau erreicht haben, das vor der Ukraine-Krise bestand.
Ann Gela Ukena: Die Vorteile von Gas als schnell verfügbare Energiequelle bleiben nach wie vor attraktiv, und auch die Preise haben sich wieder stabilisiert. Trotzdem beobachten wir eine spürbare Veränderung in der Nachfrage nach Gasgeräten.
K&L: Was sind die Gründe für die Entwicklung der Nachfrage. Sind es tatsächlich hauptsächlich die Gaspreise, oder was sonst?
Colin Rokossa: Die Gründe sind multifaktoriell, zum einen haben die zuvor angesprochene Verunsicherung und natürlich auch der Preisanstieg zu einem drastischen Rückgang gesorgt, zum anderen führt aber auch die Energiepolitik der aktuellen Bundesregierung zu einem nachhaltig kleineren Markt. Wenn der Neubau nicht mehr mit einer Erdgasleitung versorgt wird, sinkt automatisch auch die Nachfrage nach Gaskaminen.
Peter Laß: Der Gaspreis war sicher ein Faktor, definitiv aber nicht der endscheidende Punkt. Viel mehr war die Unsicherheit der Verbraucher zu der Frage, ob dieser Brennstoff sicher verfügbar bleibt, ein Thema. Hinzu kam danach die politische Diskussion zu sogenannten „Gasverboten“. Vielen Verbrauchern war nicht klar, dass sich die angekündigten Veränderungen auf Hauptheizungen bezogen haben und nicht unsere Einzelraumfeuerstätten betrafen. Das hat zu zusätzlicher Kaufzurückhaltung geführt.
Ann Gela Ukena: Ein zunehmendes Bewusstsein für Gas als endliche Ressource spielt bei der abnehmenden Nachfrage nach Gasöfen eine entscheidende Rolle. Verbraucher erkennen vermehrt die begrenzte Verfügbarkeit von Gas und suchen daher nach nachhaltigeren Alternativen für ihre Heizungsbedürfnisse. Die Frage der Nachhaltigkeit gewinnt ebenfalls an Bedeutung, da die Auswirkungen des Klimawandels stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Dies führt zu einem verstärkten Interesse an umweltfreundlichen Heizungslösungen und einem Rückgang der Nachfrage nach Gasöfen. Der Konflikt in der Ukraine hat zu unkontrollierbaren Preisen auf dem Gasmarkt geführt. Die dadurch sichtbar gewordene Abhängigkeit von stark schwankenden und instabilen Marktpreisen hat bei Verbrauchern den Wunsch nach Unabhängigkeit und einer „grüneren“ Energieversorgung ausgelöst. Dies trägt weiter dazu bei, dass die Nachfrage nach Gasöfen abnimmt, während alternative, nachhaltige Lösungen an Attraktivität gewinnen. Insgesamt spiegelt die rückläufige Nachfrage nach Gasöfen einen breiteren Trend wider, bei dem Verbraucher vermehrt auf umweltfreundliche und unabhängige Heizungslösungen wie zum Beispiel eine Holzfeuerstätte umschwenken, um sowohl ihre persönliche Abhängigkeit von schwankenden Preisen als auch ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
K&L: Beschreiben Sie Ihren typischen Kunden, der sich einen Gaskamin anschaffen möchte. Wo wohnt er, wie alt ist er, aus welcher Einkommensschicht kommt er?
Colin Rokossa: Der Gaskamin wird in unterschiedlichsten Szenarien eingebaut. Sowohl das Einfamilienhaus, in dem die Eigentümer einen höheren Komfortbedarf haben, als auch die Gastronomie sowie das Penthouse in der Stadt, in dem einfach kein Platz für die Holzlagerung ist, sind potenzielle Kunden für einen Gaskamin.
Peter Laß: Der übliche Kunde für ein Gasgerät ist im Schnitt zwischen 35-55 Jahre alt, gehört zur obersten Einkommensschicht und lebt in einer Großstadt oder deren Umfeld.
Ann Gela Ukena: Unser Gaskunde ist vielfältig und umfasst eine breite Zielgruppe. In der Regel handelt es sich aber um jemanden, der Wert auf Bequemlichkeit und schnelle Wärme legt, ohne dabei auf den Charme und die Atmosphäre eines echten Kamins verzichten zu wollen.
K&L: Welche Funktionalität steht für den typischen Gasgerätekunden im Vordergrund?
Colin Rokossa: Der wichtigste Punkt ist sicher das Flammenbild. Wir möchten mit unseren Gaskaminen die gleichen Emotionen entfachen wie mit einem Holzkamin, dafür ist das Flammenbild der wichtigste Faktor. Zudem sind der Komfort und die Energiezufuhr in den Raum sehr wichtig, weshalb sich unsere Gasgeräte spielend einfach in einem sehr breiten Leistungsspektrum regeln lassen.
Peter Laß: Hier stehen klar Design, Bequemlichkeit und technische Features wie eine App-Steuerung oder LED- Glutbettbeleuchtung im Vordergrund. Heizleistung oder Energieeffizienz sind eher zweitrangige Aspekte.
Ann Gela Ukena: Für den typischen Gasgerätekunden steht die einfache Bedienung im Vordergrund – schnelle Wärmebereitstellung, Sicherheit, ansprechendes Design und geringer Wartungsaufwand sind dabei zentrale Anliegen.
K&L: Hat sich an dem Endkundenkreis etwas geändert, seit die Gaspreise nach oben geschnellt sind? Kauft womöglich nur noch eine urbane Upper Class oder Hotels für ihre Lobby Gasgeräte, wo sich früher auch eine Durchschnittsfamilie dafür entschieden hat? Wählen komfortorientierte Menschen jetzt lieber einen Elektrokamin?
Colin Rokossa: Es ist mit Sicherheit so, dass sich die Gasgeräte, die noch eingebaut werden, aktuell auf eine kleinere Zielgruppe beschränken. Dennoch sehen wir das Potenzial nach wie vor in allen Zielgruppen, Gaskamine zu platzieren.
Peter Laß: Ein klares Ja! Die Oberschicht hat ihr Kaufverhalten auch in Krisenzeiten kaum verändert, die Umsatzverluste kamen eindeutig aus dem Bereich der Mittelschicht. Elektrokamine haben Potential und gewinnen sicher noch weiter an Bedeutung. Allerdings ist in Deutschland noch nicht erkennbar, dass sich potentielle Gaskunden mehrheitlich in Richtung elektrischer Alternativen entscheiden.
Ann Gela Ukena: Diese Fragen können Ihnen unsere Fachhändler am besten beantworten, die unsere Geräte an die Endkunden verkaufen.
K&L: Ketzerische Frage: Wie viel Energie wird bei Ihnen noch in die Entwicklung neuer Gasprodukte gesteckt?
Colin Rokossa: Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu dieser und den beiden folgenden Fragen zurzeit nicht positionieren möchten.
Peter Laß: Wir sind einer der ältesten Hersteller in diesem Bereich und werden weiter viel Energie in neue Produkte und innovative Techniken stecken. Wegen temporärer Einbrüche am Investment oder Personal zu sparen, sehen wir als ein völlig falsches Signal.
Ann Gela Ukena: Aktuell liegt unser Hauptfokus auf der Weiterentwicklung und Neuentwicklung innovativer und nachhaltiger Holzfeuerungsanlagen. Obwohl der Schwerpunkt nicht speziell auf der Entwicklung neuer Gasprodukte liegt, bleibt Gas aufgrund seiner Attraktivität und vorhandenen Vorteile in unserem Portfolio relevant. Eventuelle Entwicklungen in diesem Bereich werden jedoch im Einklang mit Marktbedürfnissen und technologischen Möglichkeiten geprüft.
K&L: Gibt es bei Ihnen beispielsweise Bestrebungen, ihre Gasgeräte für weitere Brennstoffe, zum Beispiel Wasserstoff (auch als Beimengung) oder Biogas zu entwickeln?
Peter Laß: Diese Bestrebungen laufen bereits auf Hochtouren. Vieles im Bereich von Biogasen ist schon umgesetzt. Der Bereich Wasserstoff steht ebenfalls ganz oben auf der Agenda. Wir werden hier sicher zu den Ersten gehören, die dazu Produkte anbieten können.
Ann Gela Ukena: Wir konzentrieren uns derzeit auf innovative Lösungen im Bereich hochwertiger Holzfeuerungsanlagen und nachhaltiger Wärmequellen, welche u.a. in ein hybrides Hauswärmesystem integriert werden können. Auch hier gilt: Eventuelle Entwicklungen in Bezug auf alternative Brennstoffe werden in Abstimmung mit den Marktbedürfnissen und technologischen Möglichkeiten stetig geprüft.
K&L: Wo sehen Sie für die Zukunft weiteres Potential für Gasgeräte? In technischer Hinsicht und bezüglich der Einsatzgebiete?
Peter Laß: Technisch müssen wir uns auf Nachhaltigkeit konzentrieren, wie die in der Vorfrage angesprochenen Themen Biogase und Wasserstoff. Eine weitere Herausforderung ist die Schaffung eines eindrucksvollen Flammenbildes bei möglichst geringer Heizleistung.Ansonsten werden Gasgeräte weiter ihren festen Platz im privaten Premiumsegment sowie der Hotellerie und Gastronomie behalten. Realistisch betrachtet sind die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten aktuell nicht mehr gegeben, dennoch werden Gasfeuerstätten ihren festen Platz in unserer Branche behalten.
Ann Gela Ukena: Für die Zukunft sehen wir Potenzial für Gasgeräte durch technische Innovationen wie intelligente Steuerungssysteme und verbesserte Verbrennungstechnologien, als aber auch die Nutzung von erneuerbaren Biogas oder die Berücksichtigung von Wasserstoff als potentiellen Brennstoff. Zudem bieten sich Möglichkeiten für eine breitere Anwendung in unterschiedlichen Einsatzgebieten, darunter städtische Wohnbereiche mit begrenztem Platz und die Integration in Smart-Home-Systeme.
K&L: Danke für Ihre Antworten!