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Meinung: Unsere Klimapolitik ist infiziert vom Rettersyndrom

Mit Blick auf die Bundestagswahl scheinen sie fixiert darauf zu sein, das beim Wahlvolk offenkundig als so wichtig angesehene Thema Klima- und Umweltschutz für die eigene Partei zu reklamieren und den politischen Gegner mit den kühnsten klimapolitischen Vorschlägen auszustechen. Das beste Beispiel hierfür ist die vom Bundeskabinett Mitte Mai innerhalb von vierzehn Tagen (14!) nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf den Weg gebrachte Verschärfung des Klimaschutzgesetzes. Eine solche Geschwindigkeit haben die Richter aber gar nicht verlangt; denn die Sache ist mehr als komplex. Das Bundesumweltministerium aber schafft so etwas innerhalb einer Woche.
Toll! …Und das ohne Expertenanhörungen.

Nebenbei: Die in der Verbandsorganisation des Heizungsbauerhandwerks vereinigten 23 000 Unternehmen sollen und müssen die Vorgaben der Politik umsetzen. Allerdings fragt man uns nicht, wie das alles gehen soll! Per Gesetzesvorlage wird der Treibhausgasausstoß bis 2030 per Federstrich um 65 Prozent und bis 2040 um 88 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 verringert. Im Jahr 2045 soll Deutschland klimaneutral sein.

 Das Ziel kann also derzeit nicht ambitioniert genug sein. Während der Rest der Welt es bisher nicht geschafft hat, die 2015 beim Pariser Klimagipfel beschlossene Begrenzung des Anstieges der Klimaerwärmung um 1,5 Grad annähernd zu erreichen, will Deutschland in stolzer Vorreiterrolle der Welt beweisen, wie so etwas geht. Koste es, was es wolle für 1,9 % Anteil am CO2-Ausstoß Deutschlands in der Welt. Der besondere Kick dabei: Nach den Vorstellungen der hohen Politik planen wir dabei den Kohleausstieg bei gleichzeitigem Verzicht auf Atomkraft, Öl und am Ende sogar wahrscheinlich auch noch Erdgas. Allein, weil wir die „Guten“ sind? Nach Vernunft klingt das nicht und auch nicht nach Zukunft. Benötigt wird aus meiner Sicht endlich mehr Realismus und Denken in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Das SHK-Handwerk verkauft täglich Investitionen in den Klimaschutz seinen Kunden.
Liebe Alle: Fangt endlich an, die Klimawende aus Sicht des Kunden zu denken, denn ohne seine Investition wird das nichts!

 Wir brauchen an dieser Stelle nicht darüber zu streiten, dass der Klima- und Umweltschutz ganz oben auf die politische Agenda gehört. Davon bin ich mehr als überzeugt. Aber wir können darüber streiten, ob der klimapolitische Aktivismus unserer Parteien für das Klima und unsere Gesellschaft nicht mehr Schaden hervorrufen wird als Gutes zu bewirken. Mir scheint: Unsere Klimapolitik ist vom Rettersyndrom infiziert. Eine Störung, die durch übermäßigen Hilfseinsatz negative Wirkungen zeitigt. Es braucht stattdessen mehr Realismus und auch Gehör für diejenigen, die tagtäglich in konkreten Projekten ein Stück Klimawende umsetzen.

 Kommt zu Euch – möchte man den politisch Verantwortlichen zurufen. Trefft Eure klimapolitischen Entscheidungen mit Augenmaß. Wägt Vor- und Nachteile ab, hört auf diejenigen, die das umsetzen sollen und lasst Euch nicht von Aktivisten der Straße in blanken Aktionismus hineintreiben. Das beste Beispiel für dieses hektische und damit kontraproduktive politische Handeln zeigt sich in den Beschlüssen des Kabinetts zum Wärmemarkt. Anstatt die bislang getroffenen Maßnahmen – wie das GEG, BEG und die damit verbundenen Förderungen einmal wirken zu lassen, packt Berlin die Regulierungs- und Verbotskeule aus. Dabei sind wir aktuell auf dem Weg in ein absolutes Rekordjahr bei der Heizungsmodernisierung. Wenn das so weitergeht, können wir mit der Verdopplung der Sanierungsrate die Erreichung der CO2-Ziele vermelden.

 Die jetzt dem Parlament zur Zustimmung vorgelegten Sofortmaßnahmen werden diese Entwicklung nicht befeuern, sondern sie werden sie ausbremsen. Verbote, Überregulierungen, Gängelungen werden die Wähler vergraulen, deren Gunst man sich seitens der Parteien eigentlich sichern will. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein gutes Gespür für das richtige Verhältnis von Klima-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik. Und sie haben ein gutes Gespür dafür, wenn die Politik es „zu gut“ mit ihnen meint.

 

Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer ZVSHK