Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Es besagt schon viel, wenn die vier wichtigsten Wirtschaftsverbände der Republik, sich mit einem gemeinsamen Appell an den Bundeskanzler wenden – so geschehen Ende Januar dieses Jahres. Die Medien haben diesen schriftlich verfassten Appell als Brandbrief bezeichnet. Und genau das ist er; auch wenn er in aller gebotenen Höflichkeit formuliert ist.
In dem Schreiben an Kanzler Olaf Scholz beklagen die vier Verbände die aktuelle Verfassung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Dessen erschreckender Zustand wird seit Monaten von allen namhaften Wirtschaftsinstituten und Wirtschaftsgelehrten mit entsprechenden Analysen, Prognosen und Statistiken belegt.
Deutschland ist im wirtschaftlichen Vergleich längst wieder der „kranke Mann Europas“, wie schon einmal im Jahr 1999. Nicht alle Probleme und Herausforderungen, die aktuell unsere Wirtschaft belasten, sind dabei hausgemacht. Aber unsere Regierung tut ihrerseits nichts gegen die negativen Folgen dieser externen Faktoren und andererseits alles dafür, die Situation mit eigenen fehlgeleiteten Entscheidungen noch zu verschlimmern. Die vier Verbände haben dies gegenüber dem Bundeskanzler klar benannt: notwendige Strukturreformen sind ausgeblieben, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge steigen. Bürokratie und Regulierungen werden zu immer größeren Bremsklötzen für einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Neben BDA, BDI und DIHK hat auch unser Dachverband ZDH den Brief mitunterzeichnet. Und er hat auch in unserem Namen einen Zehnpunkte Forderungskatalog erstellt, der Maßnahmen zusammenfasst, mit denen Deutschlands Wirtschaft wieder durchstarten könnte. („Durchstarten für den Standort Deutschland“)
Ich weiss, dass viele Kolleginnen und Kollegen in unseren Reihen die Sorge, den Ärger über die aktuelle Regierungspolitik teilen. Ja, hier und da haben Empörung und Wut auch dazu geführt, sich solidarisch mit denjenigen zu zeigen, die wie die Bauern und Spediteure diese Wut massiv öffentlich gemacht haben.
Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist geprägt durch die Entscheidung von ZDH und ZVSHK in dieser schwierigen politischen Situation unseres Landes, der Politik ihre Fehler aufzuzeigen. Gleichzeitig aber in einem konstruktiven Dialog Lösungsangebote zu unterbreiten, wie es jetzt mit dem Brief an den Kanzler erfolgt ist. Es steht nicht zu vermuten, dass die Ampelkoalition vor Ablauf der Legislaturperiode zerbricht. Wir werden mit dieser Regierung also noch eine Weile auskommen müssen. Unser Land und seine Menschen verdienen es, dass wir als Wirtschafts- bzw. Handwerksverband konstruktiv für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung zum Nutzen des Standortes Deutschland und der SHK Fachhandwerksbetriebe streiten.
Ich persönlich werde in einem anberaumten Gespräch, wenn sich die Chance ergibt, dem Bundeskanzler beispielhaft deutlich machen, wie eine in allen Bereichen zunehmende Masse an Bürokratiemonstern in Deutschland unser Handwerk ausbremst. Ein Handwerk, das gerade jetzt mehr denn je gebraucht wird, um die klimapolitischen Ziele der Politik Realität werden zu lassen. Statt nach den ganzen Irrungen und Wirrungen beim Entstehen des sogenannten „Heizungsgesetzes“ die dabei ausgelöste große Verunsicherung im Markt aufzulösen – und neben dem Modernisierungsschub in den Heizungskellern damit auch konjunkturelle Impulse zu setzen – bremst uns die Politik mit neuen Bürokratieauflagen aus. Jetzt müssen wir Kunden explizit beraten, wenn diese sich noch eine fossil befeuerte Heizung zulegen wollen. Unsere Kunden verstehen diesen Aufwand nicht und unsere Kunden schauen ungläubig und bestellen nach zeitlich aufwendiger Beratung doch nur die neue Gasbrennwerttherme.
Gemessen an der gesamten negativen Entwicklung am Wirtschaftsstandort ist das sicherlich nur eine kleine Stellschraube für Optimierungsmaßnahmen. Aber sie zeigt exemplarisch genau auf, woran es bei uns hapert. Unternehmerische Initiative und Innovationsgeist werden systematisch ausgebremst. Der Staat will bis in den Heizungskeller hinein regieren und glaubt, die Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg nur durch neue Verordnungen und Gesetze zum Handeln zu bewegen.
Alle Meinungsumfragen zeigen derzeit, dass die Ampel für diese Art schlechter Politik im Volk keine Mehrheit mehr hat. Kanzler Scholz sollte sich daran erinnern, dass er vor Parlament und Öffentlichkeit geschworen hat, seine „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden.“
Warten wir ab, wie seine Reaktion auf die Mahnung der vier Wirtschaftsverbände ausfällt. Die Politik muss endlich handeln.
Michael Hilpert, Präsident ZVSHK