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Stimmungsbarometer Oktober 2022

Der „Run” aufs Holz und seine Folgen

Wertvolle Güter sind immer häufiger auch Gegenstand von Diebstählen. Dass es sich bei Brennholz um so ein wertvolles Gut handelt, machen die offensichtlich bundesweit gestiegenen Zahlen zum Holzklau deutlich, über die sich nicht zuletzt die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V. – Die Waldeigentümer, in einer Pressemitteilung beklagt, die ein mediales Echo fand. Inzwischen werden Holzpolter im Wald mit versteckt angebrachten GPS-Sendern bestückt, um Diebe verfolgen zu können. Doch auch die „ehrlichen“ Holzkäufer haben Probleme, an den Brennstoff zu kommen. Wie ernst die Lage ist und wie die Einschätzung für diesen Winter und der Stellenwert für Holzbrennstoffe in den kommenden Jahren sein sollte, beantworteten folgende Vertreter der Branchenverbände: Martin Bentele, Geschäftsführer beim Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband e.V. (DEPV); Robert Mülleneisen, Vorstandsvorsitzender des GesamtVerbands OfenBau e.V. (GVOB); Matthias Borgmann, Marketingleiter im Bereich Veredelung der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG).

K&L: Die Preise für Holzbrennstoffe sind – wie auch die für fossile Energieträger – in diesem Jahr ziemlich „durch die Decke gegangen“. Wo sehen Sie für diesen spezifischen Bereich die Hauptursachen – und muss man hier auch noch zwischen Scheitholz und Pellets unterscheiden?

Matthias Borgmann, LEAG

Foto: Leag

Matthias Borgmann, LEAG
Martin Bentele, DEPV

Foto: Depi

Martin Bentele, DEPV
Robert Mülleneisen, GVOB

Foto: GVOB

Robert Mülleneisen, GVOB

Martin Bentele: Eine exorbitante Nachfrage war und ist die Ursache für die außergewöhnliche Preissteigerung bei Holzpellets. Sie setzt sich zusammen aus Neukunden, auch aus dem Gasheizungsbereich, was wir bislang nicht kannten, sowie einer extremen Bevorratungswelle bei Bestandskunden. Nicht zu übersehen ist auch das deutlich gestiegene Interesse aus dem gewerblichen Bereich, wo Unternehmen sich zunehmend von fossilen Brennstoffen freimachen wollen. Weiterhin haben auch die gestiegenen Energiekosten zur Verteuerung bei der Produktion und dem Transport geführt.

Robert Mülleneisen: Ich denke, dass es sich hierbei vielerorts um ein marktübliches Vorgehen handelt. Mehr Nachfrage sorgt für steigende Preise. Da auch die Preise für fossile Energieträger stiegen, steigen auch die Preise für das Holz. Der Unterschied bei Scheitholz ist, dass hier die Preise in den letzten Jahren wahrscheinlich nicht so angehoben wurden wie es hätte sein müssen, zumindest bei den kleinen regionalen Holzhändlern. Wenn man einen Ster Holz für unter 100 Euro verkaufen kann, mit dem Aufwand, der dahintersteckt, muss man sich schon gut überlegen, ob sich das Geschäft lohnt. Das ist aber meine persönliche Einschätzung.

Matthias Borgmann: Die Hauptursache liegt im russischen Angriff auf die Ukraine. Dieser hat eine allgemeine Energiekrise ausgelöst, da Russland noch 2021 mehr als die Hälfte des in Deutschland verbrauchten Erdgases geliefert hat. Von der Industrie bis zu den Haushalten ist Erdgas mit einem Anteil von rund 40 Prozent im Wärmemarkt der wichtigste Energieträger in Deutschland. Kommt es hier zu einer Verknappung oder immensen Preissteigerung, hat dies einen Preiseffekt auf alle alternativen Energieträger. Gleichzeitig treibt die Unsicherheit zu Hamsterkäufen vieler Verbraucher. Dies verschärft zusätzlich die Situation. Aber auch Rohholzimporte aus Russland und Weißrussland fallen aktuell weg, und mehrere EU-Länder haben den Export eigener Brennstoffe untersagt. Länder wie die Schweiz bauen aktuell zudem Staatsreserven für Holzpellets auf. Das Scheitholz ist von diesem Trend dort etwas entkoppelt, wo die Versorgung aus dem eigenen Wald oder im Rahmen der Nachbarschaftshilfe organisiert ist. Insbesondere im ländlichen Raum können viele Verbraucher auf bereits aufgebaute Vorräte aus den Vorjahren zurückgreifen.

K&L: Wie sieht Ihre Einschätzung bezüglich der Versorgungslage, aber auch für die Preisentwicklung bei Holzbrennstoffen für das Jahr 2023 aus?

Martin Bentele: Der Markt hat sich im Herbst schon etwas beruhigt. Im Oktober ging der Pelletpreis zurück, und die Lieferzeiten sind auch schon wieder auf Normalniveau angekommen. Bei der Pelletproduktion ist Deutschland ohnehin europaweit vorne. Auch da werden im kommenden Jahr Anstrengungen zum weiteren Ausbau getätigt. Die nachlassende Baukonjunktur mit reduzierten Sägewerksaktivitäten erschwert die Situation auf der anderen Seite und sorgt für anhaltend hohe Rohstoffpreise.

Robert Mülleneisen: Hier glaube ich, dass wir wie auch dieses Jahr nicht genügend Holz für alle Öfen haben werden, da die Nachfrage so abrupt gestiegen ist. Die Gefahr besteht, dass schlechtes Holz verbrannt wird und wir wieder mit der Diskussion um die Feinstaubwerte konfrontiert werden. Ich gehe davon aus, dass die Preise für hochwertige ofenfertige Holzqualitäten zunächst weiter steigen oder zumindest auf einem relativ hohen Niveau verbleiben werden.

Matthias Borgmann: Aktuell sehen wir eine hohe Bevorratungsrate. Manches Brennstofflager dürfte eher für die nächsten drei Winter reichen. Oft ist das Festbrennstoffgerät ja nur die Zusatz- oder Notheizung. Hier hängt vieles vom Temperaturverlauf der Heizperiode, von individuellen Energiesparmaßnahmen und von der tatsächlichen Verfügbarkeit weiterer Regelenergien ab. Aktuell sind die Gasspeicher in Deutschland gut gefüllt – deutlich über dem Vergleichszeitraum im letzten Jahr. Unsere Pelletproduktion läuft auf hohem Niveau. Die Sägeindustrie stellt sich aber bereits auf einen deutlichen Konjunkturrückgang ein. Hier dürften deshalb weniger Späne und Hackschnitzel für die Pellet- und Holzbrikettproduktion zur Verfügung stehen. Unsere Werke können aber auch Stammhölzer verarbeiten und Qualitäten, die von der Holzindustrie nicht nachgefragt werden. Da haben wir eine hohe Flexibilität. Für 2023 erwarten wir keine signifikante Entspannung auf dem Festbrennstoffmarkt und gehen von einer weiter steigenden Nachfrage aus.

K&L: Auf politischer Ebene – sowohl national, aber auch in der EU – befinden sich verschiedene Akteure im Widerstreit über die Bedeutung, die Holzbrennstoffe in Zukunft an der Wärmeversorgung haben sollten. Die einen sehen sie als förderungswürdige Alternative zu fossilen Energieträgern für die Energiewende und den Klimaschutz an, andere bestreiten schon die Nachhaltigkeit des Energieträgers, aber auch der Klimaschutzwirkung und wieder andere torpedieren die Wärmeerzeugung aus Holz mit dem Argument der Luftverschmutzung und der gesundheitlichen Folgen. Wie ist Ihre Einschätzung, wohin das Pendel in der nächsten Zeit ausschlagen wird, also welche Ansicht hier die Oberhand gewinnen wird?

Martin Bentele: Die öffentliche Meinung zur Holzenergie basiert auf einer undifferenzierten Vermischung unterschiedlicher Dinge. Da werden alte Holzkamine und die Nutzung von Holz als Ersatz von Kohle in Kraftwerken mit moderner Holzenergie wie Pellets gleichgesetzt und dann gesagt, Holzenergie sei schlecht. Das bringt nichts. Wenn man die Klimawirkung ansieht, leisten moderne, staatliche geförderte Heizungen auf Holz- und Pelletbasis im Wärmesektor den größten Anteil an der CO2-Einsparung. Verbrennung ist aber generell schlecht angesehen, wie man von der Dieseldiskussion her weiß. Insofern werden wir uns anstrengen müssen, dass zumindest die hocheffiziente und emissionsarme Form der Holzenergie weiter öffentliche Akzeptanz findet.

Robert Mülleneisen: Aktuell müssen wir es schaffen, den Blick auf die Unabhängigkeit zu richten und dies weiter ausbauen. Wenn uns das gelingt, können wir uns wieder verstärkt den anderen Themen widmen – wie unserem Beitrag zum Klimawandel. Heizen mit Holz ist ein Teil des Klimaschutzes, da es sich bei Holz um einen relevanten Energieträger handelt, der nachwächst und bei heimischer Holznutzung CO2-neutral ist. Ich bin der Meinung, dass wir uns in Zukunft wieder mehr mit dem Thema Feinstaub beschäftigen müssen. Hierfür sind wir im GVOB vorbereitet und kennen unsere Themen, die wir nachhaltig bearbeiten.

Matthias Borgmann: Wir gehen davon aus, dass sich die Emissionsanforderungen an Feuerstätten weiter verschärfen werden. Gleiches gilt für die Nachhaltigkeitsanforderungen für Holzbrennstoffe. Entscheidend ist, dass die Politik hier mit Augenmaß und Realitätssinn vorgeht. Holz ist der wichtigste erneuerbare Energieträger im Wärmemarkt. Die Strom-Wärmepumpe und grüne Wärmenetze haben in vielen Bereichen ihre Berechtigung. Aber sie sind kein Allheilmittel und für viele Bestandsgebäude oder im ländlichen Raum weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll. Wir brauchen eine technologieoffene Entwicklung, die die hohen Potenziale nachwachsender Biomasse angemessen berücksichtigt.

K&L: Was sind in diesem Zusammenhang womöglich medial erfolgreiche „Fake News“ gewesen, die Sie in letzter Zeit besonders geärgert haben?

Martin Bentele: Dass Umweltverbände und auch das Bundesumweltministerium öffentlich behaupten, Holzenergie sei nicht CO2-neutral, kommt einer bewussten Falschmeldung schon recht nahe. Wenn man die Kreisläufe von fossilen Brennstoffen und von Holz vergleicht, handelt es sich da um komplett unterschiedliche Zeitachsen. Holz wächst schnell nach und ist daher bei nachhaltiger Nutzung, wie es in Mitteleuropa üblich ist, ganz klar CO2-neutral.

Robert Mülleneisen: Da gab es verschiedene Beiträge, wie zum Beispiel den Fernsehbeitrag bei Plusminus im ARD. Hier wurde leider nur ein Teil der Situation beleuchtet und nicht auch der für uns relevante. Das ist schade, weil die interviewten Akteure hier nicht objektiv berichtet haben, sondern nur ihre Sicht dargestellt wurde.

Matthias Borgmann: Besonders ärgerlich empfand ich das Infragestellen der CO2-Neutraliät bei der Holzverbrennung, wie es etwa in einem Plusminus-Beitrag verbreitet wurde. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) hat darauf bereits detailliert reagiert. Leider müssen wir auch bei sogenannten Qualitätsmedien feststellen, dass aus Gründen von Quote, Aufmerksamkeitsökonomie, Dramaturgie oder Klickraten ausgewogene Berichterstattung zu kurz kommt. Oft sind es solche Halbwahrheiten und verkürzten Darstellungen, die fast schlimmer sind als platte Lügen. Wenig zielführend waren auch die Aussagen von UBA-Präsident Dirk Messner zur Pelletheizung, wenn nicht klar ist, was rein private Meinung und was offizielle Position ist.

K&L: Welche Argumente/Aktionen sind aus Ihrer Sicht jetzt zielführend, um den Stellenwert der Biomassefeuerung und das Image zu verbessern und politische Entscheidungsträger mit Sachargumenten zu begegnen und was hat Ihre Organisation hier in der letzten Zeit schon versucht/bewirken können, und wo werden Sie Ihre Aufklärungsarbeit noch intensivieren?

Foto: Miaka auf Pixabay

Martin Bentele: Die Pelletbranche ist der am professionellsten aufgestellte Teilbereich der Holzenergie. Das sieht man an den unterschiedlichsten Statistiken und Marktdokumentationen, die es für andere Energieholzsortimente nicht gibt. Der DEPV und das Deutsche Pelletinstitut arbeiten seit über zehn Jahren an der Qualitätssicherung über die ganze Wertschöpfungskette, von der Pelletproduktion und dem Handel, die in Deutschland weitgehend ENplus-zertifiziert sind, bis hin zur Schulung des SHK-Handwerks als Pelletfachbetrieb. Das Resultat kann sich sowohl bei der Effizienz als auch bei den Emissionen sehen lassen. Nicht umsonst ist die Pelletheizung die Art der Holzenergie, die in puncto Komfort an fossile Heizungen heranreicht. Generell müssen wir damit dem eben angesprochenen Trend gegen die Holzverbrennung begegnen. Dies auch bekannt zu machen,ist nicht ganz so einfach, da bei den Gegnern vielfach eine bereits vorgefertigte Meinung besteht, die sie ungern ändern.

Robert Mülleneisen: Wichtig ist es, hier aktuell aufzuklären, also die Politik – und zwar nachhaltig. Aufklärungsarbeit muss von allen Seiten betrieben werden! Wir bauen hierzu gerade unser Netzwerk auf, das ist aber langwierig und benötigt viel Aufmerksamkeit. Die politische Ansprache wird immer mehr ausgebaut, hier sind wir auch in Zukunft verstärkt aktiv, um unsere Standpunkte bestmöglich zu vermitteln.

Matthias Borgmann: Ich denke, wir müssen klar machen: Die Holzfeuerung kann und will in der Wärmewende weiter eine bedeutende Rolle spielen. Wir sind ein wichtiger Baustein – neben anderen. Eine Elektrifizierung des kompletten Wärmemarkts mit grünem Strom ist weder technisch realistisch noch kostenseitig zielführend. Hersteller und Handwerk für die Holzfeuerung brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit – dies gilt auch für die Verbraucher. Die Wärmewende wird aktuell massiv dadurch blockiert, dass die Politik regelmäßig neue Unsicherheiten schürt. Mit diesem Jahr hat für uns als LEAG das Geschäft mit Holz und Pellets massiv an Bedeutung gewonnen. Drei Pelletwerke gehören mittlerweile zu unserer Gruppe, und wir wollen weiter wachsen. Selbstverständlich werden wir auch unsere direkten Kontakte in die Politik nutzen, um für die Biomasse weiter zu werben.

Foto: Ernesto Rodriques auf Pixabay

K&L: Wie sieht für Sie – auch unter dem Aspekt „Versorgungssicherheit“ – die ideale neue Holzfeuerstätte im Jahr 2030 aus?

Martin Bentele: Das ist auch heute schon eine hocheffiziente Pelletheizung mit niedrigen Emissionen bei einem geringen Pelletverbrauch, was durch eine solarthermische Anlage ergänzt werden sollte.

Robert Mülleneisen: Entscheidend für eine ideale versorgungssichere Holzfeuerstätte ist ein möglichst geringer Feinstaubausstoß in Kombination mit einem geringen Holzverbrauch. Die aktuelle Technik bewegt sich hier schon in die richtige Richtung. Unsere Holzfeuerstätten müssen die Wärmepumpen unterstützen und entlasten. Ein Energiemix sorgt für die nötige Versorgungssicherheit.

Matthias Borgmann: Ich muss gestehen, bei dem Thema schlagen zwei Herzen in meiner Brust. In meinem Warmluft-Putzofen mit Nachheizregister habe ich einen Mischbrandeinsatz – für Scheitholz und unsere Rekord Braunkohlenbriketts. Auch das ein oder andere Holzbrikett wandert da rein. Insbesondere zum zweiten Abbrand, um den Brennraum wieder schnell aufzuheizen. Diese Lösung sollte auch noch im Jahr 2030 seine Berechtigung haben. Perspektivisch sehe ich, dass die automatisierte Pelletfeuerung viele Vorteile bringt: Homogene Brennstoffqualität, hoher Bedienkomfort, weniger Bedienfehler und niedrigere Emissionen. Auch für den individuell ausgeführten Kachelofen erwarte ich hier weitere Lösungen. Etwa mit Pelletheizeinsätzen – idealerweise als Kombigerät für die Stückholzfeuerung. Auch das Thema Wassertechnik dürfte noch einmal neu an Relevanz gewinnen. Denn vieles spricht für die Hybridlösung Pelletofen plus Wärmepumpe. 

K&L: Wir danken ihnen für Ihre ­ ausführlichen Stellungnahmen.

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