K&L-Magazin: Öfen verkaufen sich ja im Moment wie warme Semmeln. Glauben Sie, dass dieser Trend in den nächsten Jahren anhalten wird?
Frank Kienle: Grundsätzlich ist aufgrund der aktuellen Energiekrise verbunden mit dem Wunsch nach mehr Unabhängigkeit das Thema massiv getrieben worden. Darüber hinaus muss man in der momentanen Nachfragesituation deutlich trennen zwischen dem Neukunden- und Austauschgeschäft. Hier kommt es also noch zusätzlich zu Überschneidungen mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Austauschgeschäft. Allein dies bindet schon enorme Kapazitäten in Produktion und Handwerk. Trotzdem: Alternativen zum Heizen mit Gas oder Strom sind aufgrund der weiter steigenden Strompreise und der Gasverknappung bei den Menschen weiterhin sehr gefragt. Die Popularität der Holzfeuerung wird daher im Bereich der Wärmeversorgung so schnell auch nicht abreißen. Zumal die Bundesregierung ja schon vor der Ukrainekrise dem letzten fossilen Brennstoff „Gas“ den Hahn zudrehen wollte. Schon damals war der Aufschrei groß, da man nicht erkennen konnte, mit was man 19,6 Millionen Haushalte von heute auf morgen versorgen wollte. Denn Erdgas ist bundesweit der Energieträger Nummer eins. Fast jede zweite Wohnung wird damit beheizt. Wir gehen daher davon aus, dass die Themen Versorgungssicherheit, Regionalität und Unabhängigkeit noch die nächsten drei Jahre bei den Menschen eine Rolle spielen werden.
Der Brennstoff Holz wird daher auch weiterhin seinen Anteil an der Wärmeversorgung haben und ganz im Sinne des Klimaschutzes und der Energiewende eine förderungswürdige Alternative zu den fossilen Energieträgern darstellen. Der Grundtenor in der Bevölkerung ist aktuell „pro Holzfeuer“. Das wird sich auch in den nächsten drei Jahren nicht ändern. Dabei wird die Einzelraumfeuerstätte primär zur Entlastung einer zentralen Wärmeversorgung, wie zum Beispiel einer Wärmepumpe oder bestehenden Gasheizung, beitragen. Ganz im Sinne der Versorgungssicherheit und des geplanten Konzepts der Regierung, wonach ab 2024 nur noch neue Heizungen erlaubt sind, die zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist werden.
Hendrik Schütze: Es ist immer schwierig, die Zukunft vorherzusagen. Die Rahmenbedingungen entwickeln sich zumindest ungünstig. Den Menschen steht durch die hohe Inflation weniger Geld zu Verfügung, im Hausbau gibt es einen Einbruch bei den Neuaufträgen, das allgemeine Geschäftsklima in Deutschland trübt sich zusehends ein. Wenn die Kaufkraft der Menschen sinkt, während sich unsere eigenen Produkte rasant verteuern, wird sich das auch auf unser Handwerk auswirken. Dazu kommen die politischen und medialen Rahmenbedingungen mit zunehmend kritischer Berichterstattung zur Umweltverträglichkeit von Holzfeuerungen.
Zwei Aspekte stimmen mich trotzdem positiv: Zum einen war die Ofenkonjunktur schon immer entkoppelt von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung. Gerade in schlechten Zeiten ist die Versorgungssicherheit von zentraler Bedeutung für die Menschen, da spielt der Ofen eine wichtige Rolle. Zum anderen führt die Abkehr von Gas und Öl zur verstärkten Nutzung fester Brennstoffe. Wir müssen die positiven Aspekte der energetischen Nutzung von Holz, wie regionale Verfügbarkeit mit kurzen Transportwegen und CO₂-Neutralität bei der Verbrennung, stärker nach außen kommunizieren. Die Wärmewende wird ohne Holz nicht machbar sein.
Josef Bock: Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass es so sein wird, weil die Energiepreise weiterhin sehr hoch sein werden.
Robert Mülleneisen: Ich denke, dass die aktuelle Situation dafür sorgt, das die Verbraucher sensibler für das Thema Energieknappheit und Versorgung werden und daher auch weiterhin unabhängig mit Holz heizen möchten. Ich bin aber der Meinung, dass die Nachfrage nicht auf dem aktuell hohen Niveau bleibt.
K&L-Magazin: Warum müssen aus Ihrer Sicht interessierte Endkunden so lange auf einen Ofen warten? Liegt das an der starken Nachfrage, die von den Herstellern nicht bedient werden kann, oder an der Arbeitsüberlastung der Ofen- und Luftheizungsbauer? Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Lage zu verbessern?
Frank Kienle: Sowohl als auch. Wie schon erwähnt, trifft auf die politisch motivierte Nachfrage auch noch die Nachfrage aus der gesetzlich vorgeschriebenen Austauschpflicht älterer Geräte. Das alles dann kombiniert mit weiterhin angespannten Lieferketten – zum Teil noch aus dem weltweiten Corona-Lockdown – dem anhaltenden Personal- und Fachkräftemangel, insbesondere auch im Handwerk, sowie einer weiter angespannten Liefersituation von einzelnen Rohstoffen entlang der Produktionskette führt unweigerlich zu längeren Lieferfristen.
Grundsätzlich muss der Handwerksberuf einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft erhalten. Erst dann wird es wieder mehr Nachwuchs geben. Derzeit muss man sich als Elternpaar rechtfertigen, wenn die Kinder kein Abitur machen oder nicht studieren wollen. Hier ist auch ein Stück weit die Politik gefragt. Allerdings werden wir auch dann nicht die für die Wärmewende fehlenden 60.000 Handwerker schnell genug ausbilden können.
Im Bereich der Abgastechnik ist der Edelstahlmarkt zwar wieder etwas stabiler, allerdings reißt auch hier die Nachfrage nach Edelstahlanlagen nicht ab, die installiert werden müssen.
Hendrik Schütze: Beide Aspekte spielen eine Rolle bei den langen Wartezeiten. Die Hersteller können ihre Produktionskapazitäten ebenso wenig kurzfristig steigern wie die Ofenbauer. Das bedarf einer mittelfristigen Planung, wobei keiner weiß, ob die Nachfrage nach Aufbau zusätzlicher Kapazitäten auf dem aktuellen Niveau bleibt. Es sind nicht nur Produktionsengpässe, sondern auch Engpässe bei der Beschaffung von Material zur Fertigung der Produkte, die lange Wartezeiten nach sich ziehen. Einen langen Vorlauf betrachte ich persönlich positiv. Er schafft Sicherheit und hilft bei der Überbrückung künftiger Konjunkturdellen. Gerade im handwerklichen Ofenbau hatten wir schon immer Vorlaufzeiten von einem halben bis zu einem Jahr. Die Kunden werden sich an diese neue Normalität gewöhnen (müssen).
Josef Bock: Generell ist die Nachfrage größer als die Hersteller liefern können. Eine Überlastung bei den Ofen- und Luftheizungsbauern sehe ich nur bedingt. Aus meiner Sicht kann man die Lage momentan nicht verbessern, sondern der Endkunde sollte sich in Geduld üben.
Robert Mülleneisen: Hier spielen wahrscheinlich mehrere Punkte rein. Die Nachfrage ist so hoch, das die Hersteller mit der Produktion nicht hinterher kommen. Lieferengpässe gehören hier aber genauso dazu wie Arbeitsüberlastung der Ofenbauer und der Fachkräftemangel im Handwerk.
K&L-Magazin: Halten Sie es für möglich, dass wir nicht genügend gut getrocknetes Holz in diesem Winter haben werden? Man hört ja schon von dem einen oder anderen Holzhändler, der inzwischen nur noch Stammkunden beliefert. Ist das mehr Panikmache der Medien oder ist da was dran?
Frank Kienle: Der vorübergehende Versorgungsengpass hatte verschiedene Ursachen. Zum einen war ofenfertiges Brennholz schon in den Lagern der Händler, also die Arbeit nach der Mengenvorgabe der Vorjahre gemacht, und zum anderen kam es zu massiven Hamsterkäufen, zum Teil wurde die dreifache Menge bestellt, sodass am Ende die Reserven der Händler schnell aufgebraucht waren. Neukunden gingen vielerorts leer aus. Zum Teil konnte der ein oder andere Händler aber noch etwas besorgen. Somit blieb vielerorts nur noch selbst der Gang in den Wald – natürlich mit offizieller Erlaubnis. Von der Presse wurde dies aber künstlich hochstilisiert und der neue Run auf Holz dramatisch dargestellt. Das förderte dann Aussagen wie „Zukünftig wird das Holz nicht mehr ausreichen“. Dabei hatten wir hier eine Extremsituation kombiniert mit irrationalem Kaufverhalten – ähnlich wie wir es die letzten Monate immer wieder in den Supermärkten erlebt haben. Fest steht aber auch, dass die Brennholzlieferanten ihre Kapazitäten auf ein oder zwei Saisons mit hoher Nachfrage beruhend nicht ausbauen werden und können. Mehr Maschinen, mehr Mitarbeiter und vor allem eine größere Fläche, um die größeren Mengen auch verarbeiten und lagern zu können, braucht eine Langzeitperspektive. Dafür ist die politische Lage hierzulande viel zu unstetig.
Hendrik Schütze: Ich höre von gestiegenen Preisen für Brennholz, jedoch nicht von Beschaffungsengpässen. Wir wohnen in ländlicher Gegend mit vielen Kiefernwäldern. Es gibt immer noch ausreichend Schadholz, von dem die Wälder beräumt werden müssen. Holzmangel ist aktuell nicht zu erkennen.
Josef Bock: Die Nachfrage nach getrocknetem Holz ist größer denn je, da viele Verbraucher das Holz horten, weil sie nicht wissen, wie die Liefersituation in den nächsten Jahren ausschaut. Dies führt momentan zu einer Knappheit. Eine hohe Nachfrage ergibt gleichzeitig höheren Preis – dies führt dann wieder zum „Bunkern“.
Robert Mülleneisen: Ja, ich glaube das wir in diesem Winter regional mehr Nachfrage nach Holz haben, als bedient werden kann. Das macht mir auch ein wenig Angst im Hinblick auf die Feinstaubdiskussion. Wenn der ein oder andere Endverbraucher jetzt Müll heizt, werden direkt wieder alle Ofenbesitzer in einen Sack gesteckt. Wichtig ist ja auch für unsere Argumentation zum klimaneutralen Heizen, dass richtig geheizt wird.
K&L-Magazin: Das Thema Wassertechnik und Ofen hat ja inzwischen einen hohen Stellenwert. Auch das Thema Wärmepumpe und Ofen rückt jetzt immer mehr in den Fokus. Wird das zu einer engeren Zusammenarbeit von Ofen- und Heizungsbauer führen? Wie kann das dann am besten funktionieren?
Frank Kienle: Diese Form der Hybridheiztechnik hat in unseren Augen Zukunft und wird auch innerhalb des Verbands vorangetrieben und auf verschiedenen Ebenen diskutiert. Technisch aufeinander abgestimmte Systeme, die im Markt bereits funktionieren, gibt es. Hier braucht es aber eine höhere Schlagzahl, um für den zukünftigen Bedarf gewappnet zu sein. Weitere Hersteller unserer Branche müssen sich auf kurz oder lang mit der Wärmepumpentechnik auseinandersetzen und strategische Allianzen beziehungsweise Kooperationen mit der Wärmepumpenindustrie sowie dem SHK-Handwerk schließen. Das gilt natürlich auch umgekehrt. Auch die Gewerke untereinander müssen sich hier besser abstimmen und lernen, sauberer zu kommunizieren. Zumal das Wissen um die Wärmepumpentechnik im Allgemeinen und das Zusammenspiel im Besonderen noch einiges an Defiziten auf beiden Seiten aufweist. Da müssen wir gemeinsam dran arbeiten. Eine Plug-&-Play-Lösung würde hier einiges erleichtern. Alles Themen, die am Ende auf der kommenden Messe „World of Fireplaces“ eine Plattform finden werden. Aber auch ein nicht wassergeführtes Gerät kann, abgestimmt auf die Wärmepumpe oder manuell vom Betreiber gesteuert, eingreifen und die Wärmepumpe und damit den Stromverbrauch in Peak-Zeiten entlasten, ohne dass die zentrale Funktion der Wärmepumpe im Heizkreislauf gefährdet ist. Auch hier ist die Einzelraumfeuerstätte ergänzend beziehungsweise entlastend tätig und ein wichtiger Back-up im Heizsystem bei Krisensituationen. Das schont am Ende Ressourcen, senkt den Wartungsaufwand beziehungsweise schont die Ersatzteilversorgung und verlängert die jeweilige Lebensdauer der Geräte. Ganz im Sinne der Ökodesign-Richtlinie.
Hendrik Schütze: Das ist tatsächlich ein wichtiger Aspekt. Die Heizungsbauer haben mit ähnlich hoher Arbeitsbelastung wie die Ofenbauer zu kämpfen. Sie sind naturgemäß nicht sonderlich interessiert daran, das Material des Ofenbauers zu installieren, sondern wollen ihr eigenes Geschäft machen. Betriebe, welche sowohl den Ofen- als auch Heizungsbau abdecken, sind gut aufgestellt. Hier bleibt die gesamte Wertschöpfungskette im eigenen Haus. Der klassische Ofenbaubetrieb ist eher auf eine Symbiose mit dem Fliesenlegerhandwerk ausgelegt. Das zusätzliche Beschäftigen eines Heizungsbauermeisters und gegebenenfalls weiterer Monteure bleibt die Ausnahme. Kollegiale Zusammenarbeit mit örtlichen Heizungsbaufirmen wird deshalb an Bedeutung gewinnen.
Josef Bock: Ja, die Frage ist absolut berechtigt, und in der Praxis ist es tatsächlich so, dass der Holzofen mit Wassertasche eine Bereicherung für jede Wärmepumpe ist. Wir schulen in unserer Schulungsstätte die Ofen- und Luftheizungsbauer auf die Wassertechnik. Wir werden in Zukunft auch die Wärmepumpe in unsere Weiterbildung für unsere Ofen- und Luftheizungsbauer anbieten. Natürlich werden auch die Heizungsbauer auf die Wärmepumpen geschult.
Robert Mülleneisen: Viele Hersteller vernetzen sich ja schon mit Heizungsherstellern, um hier enger zusammenzuarbeiteten. Auch die Handwerker arbeiten vielerorts schon mehr mit Heizungsinstallateuren zusammen. Diese Kooperationen werden sich sicherlich auch noch mehr ausbauen. Funktionieren kann das auf verschiedenen Wegen. Zum Beispiel als Kooperation zweier Firmen oder über eine Eingliederung eines Heizungsbauers in das Kachelofengeschäft.