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Umfrage

Auswirkungen der GEG-Novelle auf die Ofenbranche

K&L: Um wenige Gesetzesänderungen gab es in der Vergangenheit so viel parlamentarischen Streit wie um die unlängst verabschiedete GEG-Novelle. War der Aufruhr aus Ihrer Sicht berechtigt? Woran krankte der ursprüngliche Gesetzesentwurf Ihrer Ansicht nach, oder waren es aus Ihrer Sicht überwiegend parteitaktische „Spielchen“ beziehungsweise eine schlechte Kommunikation der Inhalte, dass es so große Aufregung darum gab? Wo lagen die Fehler?

Jürgen Bähr: Mehrere Dinge trugen zu den berechtigten, heftigen öffentlichen Protesten bei, obwohl bei genauerem Hinschauen von Beginn an klar war, dass es sich zunächst noch um einen in der Kabinettsabstimmung befindlichen Gesetzesentwurf handelt, der geleakt wurde. Wäre man allerdings den in der Sache lösungsorientierten Vorschlägen der Fachverbände im Wärmemarkt gefolgt, hätte man allen Beteiligten viel Ärger und nachhaltige Probleme ersparen können. So waren die Proteste aber absolut berechtigt, weil dieser Entwurf von den heizungstechnischen Lösungen her gesehen viel zu eingeschränkt und einseitig formuliert war, ein systemoffener Ansatz mit weiteren effizienten Techniken unter Einsatz regenerativer Energien fehlte. Außerdem schienen die Vorgaben sehr restriktiv und wenig flexibel zu sein, was Ausnahmeregelungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen betrifft. Was die Kommunikation betrifft, so hatte man das Interesse und die Tragweite der Gesetzesvorhaben leichtfertig unterschätzt. Denn schließlich müsste eigentlich allen klar gewesen sein, dass es bei der energetischen Gebäudesanierung pro Klimaschutz im geforderten Umfang um sehr viel Geld für den Einzelnen geht. Dies hätte von Beginn an zusammen mit entsprechenden Ausnahmeregelungen und vor allem mit einer stimmigen Fördermittelstrategie kommuniziert werden müssen. Generell sind unterschiedliche Sichtweisen der Parteien ein „Plus“ der Demokratie, auch wenn es schon mal anstrengend und nervenaufreibend ist.

Andreas Müller: Nachdem die Ampelkoalition es nicht vermocht hat, die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes – wie ursprünglich geplant – am letzten Sitzungstag vor der parlamentarischen Sommerpause durch den Bundestag zu bringen, blieb das Thema „Heizungsgesetz“ in den folgenden Wochen weiter aktuell – für Medien und Verbraucher, wie auch für die betroffenen Verbände. Anfang September war es nach monatelangem Ringen und politischen Abstimmungen dann endlich soweit: Der Deutsche Bundestag beschloss die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit der Mehrheit der Ampel-Koalitionsparteien. Unterm Strich gesehen war der ursprüngliche GEG-Entwurf doch sehr von grün-ideologischem Übereifer getrieben, während der finale Entwurf mit seiner Technologieoffenheit sich doch näher an der Wirklichkeit des Heizungsmarktes orientiert. Unter anderem konnte die massive Benachteiligung der Biomasse ausgeräumt und die Palette der zulässigen Technologieoptionen erweitert werden. Die verspätete, aber dringend notwendige Verzahnung mit der verpflichtenden Kommunalen Wärmeplanung verschafft zeitliche und technische Spielräume.

K&L: Wie bewerten Sie den zuletzt vereinbarten Stand der GEG-Novelle? Fehlen Ihrer Ansicht nach noch wesentliche Elemente? Was hätte besser gemacht oder noch ergänzt werden können?

Jürgen Bähr: Grundsätzlich haben sich die Proteste und Überarbeitungen für ein weitaus systemoffeneres GEG mit als machbar erscheinenden Ausnahmeregelungen gelohnt. Insbesondere was die Wiederzulassung von Biomasse als Erfüllungsoption für den Neubau betrifft. Aus Sicht der Freien Wärme ist allerdings die Priorisierung von zentralen Wärmenetzen kritischer zu sehen, als es momentan der Fall ist. Nah- und Fernwärme können unter bestimmten Aspekten eine wichtige Rolle bei der Wärmewende spielen. Jedoch sollte man beim Bejubeln vorsichtig sein, denn sie sind nicht automatisch die alleinigen, standardisierten Königslösungen der Wärmewende. Für den massiv geplanten, ökologischen Aus- und Neubau sind sehr hohe Investitionen erforderlich, die sich in irgendeiner Form beim Preis niederschlagen müssen. Zudem ist eine Überarbeitung der veralteten Vertragsmodalitäten für Fernwärmekunden auf Basis der AVBFernwärmeV längst überfällig.

Andreas Müller: Das GEG geht nicht ausreichend auf Energieeffizienzaspekte ein, aber es ist nicht zuletzt aufgrund vieler ZVSHK-Eingaben besser als noch vor Wochen zu befürchten war: Es bietet Investoren Technologieoffenheit, setzt nicht nur auf Monostrukturen mit Wärmepumpen. Die Nutzung und Ausschöpfung regionaler Holzenergiepotenziale sind möglich, die gesamte Palette erneuerbarer Energien kann eingesetzt werden. Die GEG-Novelle lässt allerdings noch viele Fragen und Details weiter offen, vor allem bei der BEG-Förderkulisse und der Wärmeplanung. Die unklaren und widersprüchlichen politischen Rahmenbedingungen sind weiterhin nicht dazu angetan, starke Investitionsimpulse bei Immobilienbesitzern ab dem kommenden Jahr auszulösen. Es besteht jetzt immerhin gesetzliche Klarheit, welche Heizungssysteme zu welchen Fristen und Zeitpunkten und in welchen Gebäuden vorgeschrieben sind.

K&L: Die parlamentarischen Querelen um das Gesetz haben im Vorfeld zu großer Verunsicherung in der Bevölkerung beigetragen. Haben Sie den Eindruck, dass beim Konsumenten inzwischen Klarheit und auch Akzeptanz eingetreten ist?

Jürgen Bähr: Das ist noch nicht hundertprozentig klar. Man kann nur hoffen, dass die erste heftige Entrüstungswelle am Point of Sale im Kundenkontakt von den Handwerkern im Heizungs- und Ofenbau, den Schornsteinfegern und vom Energie- und Großhandel abgefedert werden konnte. Die mussten sozusagen völlig unvorbereitet „die Suppe auslöffeln“. Jedoch hat der Markt schon etwas nachteilig reagiert, offenbar sind rückläufige Tendenzen ersichtlich, was den Abverkauf im Wärmemarkt betrifft. Es darf jetzt deshalb nicht zu weiteren Negativbeeinflussungen, etwa durch langwierige Wärmeplanungsprozesse oder Fehler bei den Fördermittelbestimmungen, kommen.

Andreas Müller: Nein, überhaupt nicht! Der Heizungsmarkt ist sowohl von Seiten der Anbieter als auch von Seiten der Kunden total verunsichert. Mit den neuen Anforderungen nach dem verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz (GEG) kommen auf die Bürgerinnen und Bürger zudem hohe Zusatzkosten bei der Modernisierung ihrer Heizung zu, die aus Gründen des Klimaschutzes und aus sozialen Erwägungen durch die Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) abgemildert werden sollten.

Vor dem Hintergrund hoher Energiepreise, anhaltender Inflation und eines zum dritten Mal nacheinander sinkenden Konsumklimas kann es nicht verwundern, dass die bundesweite Herbstbefragung des ZVSHK im SHK-Innungsfachhandwerk eine leicht rückläufige Stimmungslage der Gewerke Installateur und Heizungsbauer, Ofen- und Luftheizungsbauer, Klempner sowie Behälter- und Apparatebauer gegenüber dem Vorjahr ergeben hat.

K&L: Ist der Stellenwert der Holzfeuerung als regional verfügbare, klimaschonende Heizenergie nach Ihrer Überzeugung hinreichend berücksichtigt worden?

Jürgen Bähr: Durch die Anerkennung von Biomasse als Erfüllungsoption im Neubau ist ein wichtiger Schritt erreicht. Die Einzelraumfeuerstätte stand ja nicht zur Diskussion. Nachgeordnet zum Thema Biomasse als Lösungsoption in der Kommunalen Wärmeplanung oder generell um die Holzfeuerung ist aber in puncto Kommunikation noch viel zu tun. Zu viele Falschinformationen und Vorurteile befinden sich in den jeweiligen Diskussionen.

Andreas Müller: Im GEG wurden die Holzfeuerungen ausreichend berücksichtigt. Heizungsanlagen zur Nutzung von Biomasse (zum Beispiel Holz, Pellets) sind eine unter sieben pauschalen Erfüllungsoptionen des GEG. Zudem kann der Einsatz einer Einzelfeuerstätte mit 10 Prozent auf das 65 Prozent-Ziel angerechnet werden.

Besonders herauszustellen ist in diesem Zusammenhang das Eintreten des ZVSHK gemeinsam mit der Initiative Freie Wärme sowie der Initiative Holzwärme für den Energieträger Holz beziehungsweise das Ofenbauer-Handwerk. Die Verbandsorganisation kann als Erfolg verbuchen, für Immobilienbesitzer und Anlagenbetreiber das Schlimmste verhindert zu haben. Oder anders ausgedrückt: Die „Kehrtwende“ vom grün-ideologisch geprägten Verbotsgesetz hin zum (halbwegs) markt-konformen GEG ist auch dem hartnäckigen Einsatz des ZVSHK und seinen Fachverbänden zu verdanken, insbesondere für die Biomasse- beziehungsweise Holzenergienutzung.

K&L: Welche Chancen stecken Ihrer Meinung nach in Hybridheizsystemen unter Beteiligung von Holzenergie?

Jürgen Bähr: Sehr große. Hybridheizsysteme wie etwa die Kombination aus einer Wärmepumpe, einer Einzelraumfeuerstätte und moderner Abgastechnik haben insbesondere im Gebäudebestand aber auch im Neubau ihre absolute Berechtigung. Die höheren Anschaffungs- und Installationskosten zahlen sich schnell mit höherem Immobilienwert, höheren Anteilen erneuerbarer Energien im Haus sowie Versorgungssicherheit, Einspareffekten und mehr Flexibilität rund ums Heizen etc. aus.

Andreas Müller: Hybridheizsysteme sind ausdrücklich als eine Option im GEG genannt. Dass sinnvolle und effiziente Zusammenspiel von mehreren Wärmeerzeugungssystemen garantiert, dass jede Technologie (z.B. Wärmepumpe und Holzfeuerstätte) ihre jeweiligen Vorteile ausspielen kann. Die Wärmepumpe spielt insbesondere in der Übergangszeit ihre energetischen Vorteile aus, während die Holzfeuerstätte an sehr kalten Tagen die Heizlastspitzen abdeckt. Es freut uns daher, dass einige Hersteller von Wärmepumpen und von Einzelfeuerstätten gerade hybride Systeme entwickeln, in denen die Luft-Wasser-Wärmepumpe den größten Teil der Heizlast und eine Einzelfeuerstätte ergänzend die Deckung der Peak-Nachfrage übernimmt. Die Holzfeuerstätte wird damit Teil des Systems.

K&L: Stichwort „Fördermittel“: Die geplante Energie- und Wärmewende bedarf für ihre schnelle Durchsetzung breit angelegter Förderprogramme, auch, um soziale Härten zu verringern. Wie bewerten Sie das derzeitige Instrumentarium dazu? Wo sollte dringend nachgesteuert werden?

Jürgen Bähr: Das bei den Bürgern verlorengegangene Vertrauen rund um das Heizungsgesetz muss insbesondere durch stringente, attraktive Fördermittel zurückgewonnen werden. Dieser enorme Transformationsprozess braucht den Rückhalt der Verbraucher, aber auch die Zuversicht, dies alles stemmen zu können. Vereinzelte Wiedereinschränkungen der Systemoffenheit durch Fördermittelbestimmungen werden als kontraproduktiv gesehen und sind letztlich wieder in der Sache sehr schädlich.

Andreas Müller: Die BEG-Förderung wird aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) finanziert, dessen Auffüllung mit umgewidmeten Corona-Kreditermächtigungen über 60 Milliarden Euro nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 nicht dem Grundgesetz entspricht. Zwar gilt die jetzt verhängte Sperre für den KTF nach Aussage der Bundesregierung nicht für die BEG. Trotzdem bleibt unklar, wie das Förderprogramm langfristig gegenfinanziert werden soll. Hier muss die Bundesregierung jetzt schnell Maßnahmen ergreifen. Ansonsten wird die Verunsicherung bei den Betrieben und deren Kunden nicht überwunden werden können. Nach Auffassung des ZVSHK sind die Fördersätze mit Blick auf die Kostenentwicklung insgesamt nach wie vor deutlich zu niedrig. Die Fördersystematik (Zuschuss- und Kreditförderung sowie verschiedene Bonus-Modelle) ist nach wie vor sehr verschachtelt und kompliziert. Für die Durchführung des Förderprogramms sind jetzt KfW und BAFA zuständig. Ob dies ein Hebel für ein einfacheres und effizienteres Antragsverfahren ist, erscheint mindestens fraglich. Insgesamt benötigt das Handwerk mehr Verlässlichkeit und Stabilität bei den Fördersystemen. Zu abrupte Wechsel bei Förderbudgets und auch die Ankündigung, dass die Fördersätze künftig erhöht werden, führen zu Verunsicherung bei Betrieben und Kunden und damit zu Attentismus statt Investitionsbereitschaft. Aus diesem Grund sollte die BEG-Förderkulisse für 2024 und die Folgejahre stabil festgelegt werden.

K&L: Welche Auswirkungen wird das novellierte GEG auf die Ofenbranche haben?

Jürgen Bähr: Dem GEG nachgeordnet gibt es Chancen und Risiken. Chancen, wenn man die eindeutigen Produktvorteile der Holzfeuerungstechnik insbesondere im Zusammenhang mit Hybridheizsystemen sieht. Risiken, nach wie vor, wenn bspw. von den Kommunen Verbrennungsverbote ausgesprochen werden, oder Fehlinformationen und pauschale Vorurteile von der Branche nicht abgebaut werden können. Letzteres ist ein vereinzelt gestarteter und langwieriger Prozess, der noch gebündelter umgesetzt werden müsste.

(Anm. d. Red: Auf diese Frage hat Herr Müller in der nächsten Frage mit geantwortet)

K&L: Wo eröffnen sich durch das GEG gegebenenfalls sogar neue Möglichkeiten für die OL-Branche und insbesondere das Handwerk, ihre Produkte verstärkt einzubringen?

Jürgen Bähr: Das GEG lässt für die OL-Branche vieles zu. Große Chancen liegen im Hybridansatz. Auch das Thema Versorgungssicherheit, etwa im Zusammenhang mit möglichen Stromversorgungskrisen, spielt eine enorme Rolle. Nicht zu vergessen die Faszination eines Holzfeuers als wohlige Wärmequelle. Am Ende liegen die Vorteile nach wie vor in den vielen Produktvorteilen rund um die Holzwärme, in der industriellen wie auch handwerklichen Fertigungsqualität sowie natürlich in der kreativen Designleistung des Handwerks.

Andreas Müller: Ich möchte hier eine zusammengefasste Antwort zu den letzten beiden Fragen geben: Das OL-Handwerk sollte sich intensiv mit den Neuregelungen zum GEG, aber auch mit den Folgen des Wärmeplanungsgesetzes befassen. Es sieht in erster Linie für die Kommunen und in der Folge für Hauseigentümer, aber auch Wärme-, Strom- und Gasnetzbetreiber umfangreiche Aufgaben und Pflichten mit Blick auf die deutliche Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien bei der Wärmeerzeugung vor. Für bestehende Gebäude sind die von den Kommunen bis Mitte 2026 (mehr als 100.000 Einwohner) bzw. Mitte 2028 (bis zu 100.000 Einwohner) zu erstellenden Wärmeplanungen und -konzepte maßgeblich. Das Zeitfenster von 01.01.2024 bis zum Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung sollte intensiv genutzt werden, um die regionalen Potenziale einer nachhaltigen Holzenergienutzung in die Diskussion einzubringen. Unabhängig davon muss aber auch noch einmal auf das Ende der letzten Frist zum 31.12.2024 zur Nachrüstung beziehungsweise zum Austausch alter Einzelfeuerstätten gemäß 1. BImSchV verwiesen werden. Hier sollten das OL-Handwerk und das Schornsteinfegerhandwerk Hand-in-Hand zusammenarbeiten.

K&L: Herr Bähr, Herr Müller, wir danken für Ihre Statements.

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