K&L-Magazin: Nachdem die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) erst im Sommer umfassend geändert wurde, sind zum Jahreswechsel weitere Neuerungen in Kraft getreten. Im BEG sind die Hürden für eine Förderung der energetischen Holznutzung höher gelegt worden, weil sie nur noch in Verbindung mit Solarthermie als förderfähig eingestuft wird. Wie bewerten Sie das?
Andreas Müller: Die Bundesregierung bremst damit die geplante Energiewende in Gebäuden vor allem im ländlichen Raum, wo Holzenergie bevorzugt genutzt wird, aus. Nach vorliegenden Schätzungen der Branchenverbände werden nur maximal fünf Prozent der bisher förderfähigen Kessel und Öfen in der Lage sein, die zum 1. Januar 2023 geforderten Voraussetzungen zu erbringen. Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele bei der Energiewende, insbesondere im Kontext einer Energiekrise, benötigen wir technologieoffen und unter Einbindung erneuerbarer Energien alle Heizungstechniken und alle Energieträger, also zum Beispiel auch Biomasse mit Holz und Solarthermie. Zudem muss die Energiewende auch sozial ausgewogen sein. Einschränkungen sind aus unserer Sicht dabei kontraproduktiv. Denn die Holzwärmenutzung in privaten Haushalten hilft nicht nur, den CO₂-Ausstoß durch fossile Energieträger zu mindern, sondern ist mit knapp 67 Prozent Anteil erneuerbarer Energien im Wärmemarkt derzeit die klare Nummer eins.
Dr. Wolfgang Schwarz: Grundsätzlich ist die Kopplung jedweder Heizungsart mit einer Solarthermie-Anlage sinnvoll. Natürlich erhöht dies die gesamten Anlagenkosten und daher liegt der Förderanteil meist unter den Zusatzkosten. Was eigentlich noch dramatischer ist, sind die neuen Vorschriften zur Einhaltung des Feinstaubausstoßes von maximal 2,5 mg/Kubikmeter. Diesen Grenzwert einzuhalten ist sehr schwierig bis unmöglich. Offensichtlich ist es politischer Wille, den Biomasseheizungen ordnungspolitisch und fördertechnisch „das Leben schwer zu machen“.
Dr. Johannes Gerstner: Grundsätzlich ist die Einschränkung auf wenige mögliche förderfähige Kombinationen nicht sinnvoll. Dieser Ansatz ist nicht nur realitätsfern, sondern auch innovationsverhindernd. Kombiniere ich eine Wärmepumpe mit einer Entlastungsheizung, etwa einer Einzelraumfeuerstätte, dann kann ich diese im Bestand anders auslegen. Das ambitionierte Ziel der Bundesregierung von 500.000 Wärmepumpen jährlich wäre umsetzbarer. Auch ist es wenig ökologisch, bestehende effiziente Heizungen komplett abzuschreiben und hier nicht über sinnvolle Tandemlösungen nachzudenken. Eine neue Abwrackprämie lauert hier schon auf ihre Opfer.
Alexis Gula: Wir bedauern es, dass diese Förderung nach unten gestuft worden ist, weil wir sagen, dass moderne Feuerstätten auch mit Holz emissionsarm betrieben werden können, egal ob es Pellets, Scheitholz oder Hackschnitzel sind. Gerade im ländlichen Raum können sie so einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten.
K&L-Magazin: Allgemein hat die Holzwärme auf politischer Ebene seit einiger Zeit einen schweren Stand. Immer wieder wird die Nachhaltigkeit des Brennstoffs infrage gestellt. Bei der Diskussion der (ebenfalls immer wieder bestrittenen) Vorzüge für den Klimaschutz (ausgeglichene CO₂-Bilanz) treten diese regelmäßig in Konkurrenz zu den Gesundheitsfolgen durch Feinstaubemissionen – und scheinen da meist „den Kürzeren zu ziehen“. Welche politischen Kräfte sind da Ihrer Ansicht nach im Spiel, und wie bewerten Sie diese Aspekte?
Andreas Müller: Generell wird die energetische Verwertung von Holz sehr oft unsachlich, undifferenziert und ohne genauen Blick auf aktuelle Entwicklungen und Fakten bewertet. Im Hinblick auf den Kritikansatz „Feinstaubemissionen“ muss man grundsätzlich sagen, ja, bei der Verbrennung von Holz fallen Emissionen an, die allerdings im Verlauf des letzten Jahrzehnts aufgrund moderner Verbrennungstechnik und höherer Wirkungsgrade messbar gesenkt werden konnten. So sind nach Angaben des Umweltbundesamtes die Feinstaubemissionen (PM 10) von 1995 bis 2019 um 41 Prozent gesunken, PM 2,5 sogar um
55 Prozent. In den Jahren von 2018 bis 2020 hat keine einzige Messstation die zulässigen 35 Tage an Tagesmittel-Grenzwertüberschreitungen verzeichnet. Auch was die häufig zitierten vorläufigen Todesfälle aufgrund von Feinstaub betrifft, muss man wissen, dass dies alles auf Schätzungen beziehungsweise Studienberechnungen beruht und nicht auf konkreten Fallstatistiken. Hinzu kommt, dass bereits mit der 2010 novellierten 1. BImSchV eine langfristig effektive Emissionsminderung bei holzbefeuerten Einzelraumfeuerungsanlagen auf den Weg gebracht wurde. Übrigens hat Deutschland damit international neue Maßstäbe für das Emissionsverhalten von Feuerstätten gesetzt. Der Brennstoff Holz kommt in Deutschland aus 100 Prozent nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Und unser Wald wächst jährlich netto um etwa drei Prozent, wie die Bundeswaldinventur 3 besagt. Von den privaten Haushalten wird nach dem Kaskadenprinzip überwiegend mit sogenanntem Waldrestholz geheizt, das im Rahmen nachhaltiger Waldbewirtschaftung anfällt und keiner anderen stofflichen Verwendung mehr zugeführt werden kann. Idealerweise beziehen die Ofenbetreiber ihr Holz aus der Region, denn dann ist das Heizen mit Holz nahezu CO₂-neutral. Schließlich wird bei der Verbrennung von Holz nur die Menge an Kohlenstoffdioxid (CO₂) freigesetzt, die der Baum zuvor beim Wachsen aufgenommen hat.
Dr. Wolfgang Schwarz: Solange die Biomasse in deutschen Wäldern mit einer jährlichen Rate von zwei bis drei Prozent zunimmt, kann man aus meiner Sicht das Heizen mit Holz als nachhaltig bezeichnen. Die Diskussion zu Feinstaubemissionen ist ein sehr theoretischer und abgehobener Vorgang. Die angeblich eintretenden Todesfälle durch Feinstaubemissionen sind aus Labormodellen hochgerechnete Zahlen, hinter denen nicht zwangsläufig „echte“ Erkrankungen stehen müssen. Der Mensch ist in Mitteleuropa grundsätzlich vielen Schadstoffen und Emissionen ausgesetzt. Natürlich wäre es gut, wenn man diese reduziert. Dennoch muss man immer den Gegenwert, den eine Gesellschaft bereit ist, dafür zu bezahlen beziehungsweise auf etwas zu verzichten, gegenrechnen. Es wird schlichtweg nicht möglich sein, jeden Menschen unter eine Glasglocke mit absolut sauberer Luft zu stellen. Gerade was die Luftreinhaltung anbelangt, haben wir in den letzten 40–50 Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die Lebenserwartung in Deutschland war noch nie so hoch wie heute. Eine Konzentration auf einen Aspekt, wie zum Beispiel die Emissionen aus Feststofffeuerstätten, halte ich für nicht zielführend, noch dazu, weil diese meist die höchsten Umweltstandards einhalten. Automatisch beschickte Festbrennstofffeuerstätten sind, da sie einer wiederkehrenden Messpflicht unterliegen, unkritisch. An der einen oder anderen Stelle kann es allerdings bei von Hand beschickten Festbrennstofffeuerstätten Probleme beim Nutzerverhalten geben. Überall, wo der Faktor Mensch einen Einfluss ausübt, kann es Probleme geben. Nehmen Sie nur das Fahrverhalten im Straßenverkehr. Auch hier wird nur sichergestellt, dass der Motor optimal eingestellt ist. Wie der Einzelne damit umgeht, entzieht sich den regulierungs- und verbotswütigen Institutionen, wie beispielsweise der sogenannten „Deutschen Umwelthilfe“.
Dr. Johannes Gerstner: Die Branche hat bereits einiges an Strecke in puncto Luftreinhaltung gut machen können. Immer mehr marktfähige und bezahlbare Lösungen kommen auf den Markt, Nutzer werden in Onlineschulungen viel besser als früher beim Thema „Richtig Heizen mit Holz“ an die Hand genommen. Einzelraumfeuerstätten mit dem Blauen-Engel-Zertifikat sind erhältlich, Brennstoffeffizienz ist der nächste große Schritt. Wir müssen uns nicht verstecken. Wir müssen jetzt noch deutlicher zeigen, welchen quantifizierbaren CO₂-Vorteil unsere Technologien haben. Ich glaube nicht an eine dunkle Verschwörung gegen die Holzfeuerung. Aber ich glaube daran, dass wir jetzt noch besser und verständlicher die Vorteile unserer Technologie zeigen müssen.
Alexis Gula: Wie gesagt hat sich bezüglich der Emissionen in technischer Hinsicht in den letzten Jahren schon viel getan, und wenn bis Ende 2024 wirklich alle alten Holzfeuerstätten pflichtgemäß ausgetauscht oder mit Filtern nachgerüstet sind, werden sich auch die Emissionen in Summe noch weiter verringern, sodass sich der schon jetzt vom Umweltbundesamt bestätigte positive Trend weiter fortsetzen wird. Natürlich ist auch der Betreiber, der seine Feuerstätte nicht sachgerecht bedient, ein Problem. Hier werden wir Schornsteinfeger die Beratung der Bürger bei der Feuerstättenschau und bei Abnahmetätigkeiten, aber auch bei Besuchen zur Kehrtätigkeit weiter intensivieren.
K&L-Magazin: Entgegen allen politischen Hürden und der regelmäßigen Negativpresse zur Holzwärme scheint das Interesse der Bürger/innen an der energetischen Holznutzung ungebrochen, wenn nicht sogar im Zuge der Energiekrise zunehmend. Leere Brennholzlager trotz eines ebenfalls gestiegenen Preisniveaus und ein weitgehend leergefegter Markt an Feuerstätten sowie ausgebuchte Terminkalender bei den Ofenbauern sind ein starkes Indiz dafür, dass die individuelle Wärmeerzeugung mit einem regional verfügbaren Energieträger – auch als Notheizung – wieder in den Fokus gekommen ist. Können Sie das so bestätigen?
Andreas Müller: Ja, die Bürger/innen möchten ihre Heizungstechnik und damit auch die Energieträger frei wählen können, um somit vergleichsweise günstig zu heizen, wie auch weitestgehend unabhängig und im Not- beziehungsweise Katastrophenfall abgesichert zu sein. Dies wird beispielsweise durch nachhaltigen Holzeinkauf, die Lagerfähigkeit und den stromunabhängigen Betrieb der Öfen möglich. Die Rückmeldungen unserer OL- und SHK-Innungsmitglieder bestätigen nach wie vor eine sehr hohe und ungebremste Nachfrage beim Heizen mit Holz. Laut Daten der Initiative Holzwärme entfallen mit 134 TWh derzeit fast sechs Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs auf die Holzenergie bzw. Holzwärme. Allein die Holzwärme für Haushalte steht für 81 TWh und die in der Regel im industriellen Bereich und in Nahwärmekonzepten eingesetzte Holzenergie für 53 TWh. Im Vergleich zur Holzenergie leistet die Windenergie (laut Daten des Umweltbundesamts) trotz eines deutlichen Rückgangs 2021 um etwa 13 Prozent einen Energieertrag beim Strom von 114,6 Mrd. kWh (2020: 132,1 Mrd. kWh). Holz ist damit die absolute Nr. 1 im Bereich der erneuerbaren Energien.
Dr. Wolfgang Schwarz: Es ist richtig, dass die Menschen, ausgelöst durch die Verunsicherung des anhaltenden Ukraine-Krieges, wieder vermehrt auf den bewährten Brennstoff Holz zurückgreifen. Dieser kann regional beschafft werden und bietet, bei entsprechender Bevorratung, eine Unabhängigkeit von Versorgungslücken bei anderen Energieträgern. Holzwärme liegt daher verstärkt im Trend. Das war übrigens auch schon in der Corona-Pandemie so.
Dr. Johannes Gerstner: Absolut. 11,2 Millionen Feuerstätten zählt das Umweltbundesamt aktuell – das sind alles keine Single-Haushalte. Ich behaupte, dass ein Drittel der Deutschen einen Ofen in ihrer Wohnung haben. Tendenz steigend. Der Holzofen hat offensichtlich kein Imageproblem in der Öffentlichkeit, sondern ein Glaubwürdigkeitsproblem in der Politik. Das müssen wir beheben. Denn unsere Technologie löst ja viele Probleme der aktuellen Regierung auf einen Schlag: Versorgungssicherheit der Bevölkerung, Energieautarkie der Heizgeräte, ökologische und naturnahe Brennstoffe sowie die Akzeptanz neuer Technologien durch zuverlässige Zweitwärmequellen. Ich kann jeden in der Branche nur einladen, diese Botschaften ebenfalls zu verbreiten.
Alexis Gula: Tatsächlich werden Feuerstätten, die mit festen Brennstoffen betrieben werden, von den Bürgern als krisensichere Elemente der Versorgungssicherheit wahrgenommen – und nicht nur als schöne, wohltuende Wärmespender im Wohnraum, die sie zweifelsohne auch sind.
K&L-Magazin: Wenn Sie Nachrichten wie die Folgende (Insolvenz eines Fernwärmeversorgers in Alsfeld (Vogelsberg) (https://www.hessenschau.de/wirtschaft/insolvenz-des-versorgers-eab-alsf…) lesen – was kommt Ihnen da in den Sinn?
Andreas Müller: Nah- und Fernwärme können in kompakt bebauten Wohngebieten energetisch und wirtschaftlich sinnvoll sein. Wenn sie erzwungen werden, dann besteht kein marktwirtschaftlicher Wettbewerb um die optimalen Lösungen. Über die dann oft auch von den Kommunen verhängten Anschluss- und Benutzungszwänge und Verbrennungsverbote verlieren die Wärmenetzkunden ihre Unabhängigkeit. Sie sind den Versorgungsunternehmen generell und nicht nur in Krisensituationen regelrecht ausgeliefert, was in der Regel veraltete Vertragsmodalitäten, Preismodelle und Wechselmöglichkeiten beziehungsweise Alternativen betrifft. Selten ist ein Ausstieg möglich. Jetzt in Zeiten der Energiekrise sind besonders viele kritische Fälle mit enorm gestiegenen Wärmekosten ohne alternative Heizoptionen entstanden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellt hierzu fest, dass es für Verbraucher/innen in vielen Fällen immer noch nicht nachvollziehbar ist, warum sie wieviel Geld für ihre Fernwärme zahlen, und ob das Wärmenetz, mit dem sie versorgt werden, wirklich effizient und regenerativ betrieben wird. Es ist den Verbraucher/innen kaum zu vermitteln, dass ihre Fernwärme überwiegend mit fossilen Brennstoffen noch bis 2045 weiterbetrieben werden kann, aber ihre eigene geförderte Holzfeuerungsanlage bereits seit 1.1.2023 nur mit erheblichen Einschränkungen betrieben werden darf. Das ist Politik!
Dr. Wolfgang Schwarz: In jedem Wirtschaftskreis gibt es schwarze Schafe, die den Ruf ihres Metiers schädigen. Zum vorliegenden Fall kann ich mich nicht äußern, halte jedoch immer eine unabhängige, eigene Heizungslösung für das tragfähigste Konzept für Endverbraucher. Wer einmal an einer Quartierslösung, insbesondere städtischen Fernwärmelieferungen, angeschlossen ist, hat fast keine Chance mehr, von dieser loszukommen. Beispielsweise hat sich der Wärmepreis bei den Münchner Stadtwerken im Bereich der Fernwärme in den letzten 2–3 Jahren vervielfacht. Natürlich gibt es Menschen, die gerne Serviceleistungen von Drittanbietern annehmen wollen. Was diesen Personen allerdings klar sein muss, ist, dass Service entsprechend kostet. Dennoch kann man nicht alle Anbieter von Fern- und insbesondere Nahwärmelösungen über einen Kamm scheren. Dort gibt es viel Licht und Schatten. Und man sollte sich vorher Gedanken machen, ob der Anbieter vertrauenswürdig ist, die angebotenen Preise marktüblich und das Serviceniveau eine Zuverlässigkeit auch über Jahre erwarten lässt. Beispielsweise bieten auch bayerische Innungsfachbetriebe holzba-
sierte Nahwärmelösungen an.
Dr. Johannes Gerstner: Individualität und Dezentralität sind Werte, die in den vergangenen Jahren als altbacken abgetan wurden. Nun zeigt sich, dass eben nicht alle Probleme global gelöst werden können. Eigenverantwortung wird wieder wichtig – für den Nationalstaat wie den Einzelnen. Ich persönlich würde meine Familie jedenfalls nicht auf Gedeih und Verderb einem Anbieter ausliefern wollen, besonders nicht bei solch existenziellen Dingen wie Wärme.
Alexis Gula: Fernwärme hat ja durchaus ihre guten Seiten – zum Beispiel auch, um industrielle Abwärme sinnvoll zu nutzen. Unbeliebt ist sie vor allem deshalb, weil sie häufig mit Anschluss- und Benutzungszwängen verbunden ist, und da wollen sich die Bürger verständlicherweise nicht in eine ausschließliche Abhängigkeit begeben. Das gilt übrigens auch, was die Preisgestaltung für einen quasimonopolistisch agierenden Wärmelieferanten betrifft. Das sind auch wesentliche Aspekte, die die Gründung der „Initiative Freie Wärme“ zur Folge hatten. Wir Schornsteinfeger finden, dass Fern- und Nahwärmenetze als Bausteine der Energiewende durchaus ihre Berechtigung haben, aber eben nicht in jedem Fall und um jeden Preis. Eine Wahlfreiheit für den Bürger muss unbedingt erhalten bleiben.
K&L-Magazin: Welche Maßnahmen wären aus Ihrer Sicht geeignet und erforderlich, um das Image der individuellen Holzwärmenutzung zu verbessern? Auf welchen Ebenen wären diese am ehesten zielführend beziehungsweise welche Kräfte sollten hier stärker unterstützt werden?
Andreas Müller: Die Holzenergienutzung hat bei den Bürger/innen eine sehr hohe Akzeptanz und auch ein sehr gutes Image. Nicht ohne Grund werden derzeit schon über 11 Mio. Einzelholzöfen und über 1 Mio. zentrale Holzenergieheizungen in Deutschland betrieben. Im Zuge einer nachhaltigen Luftreinhaltepolitik muss es aber nach wie vor das oberste Ziel aller Beteiligten sein, die Emissionen durch Holzwärme noch weiter abzusenken beziehungsweise nach dem Stand der Technik niedrig zu halten. Es geht dann nicht nur um tolle Bilder, sondern vielmehr noch um „unseren Branchenbeitrag zur Energie- und Klimawende bis 2045“ als Positivbotschaften, an denen wir uns messen lassen können. Sowohl durch weitere technische Neuerungen als auch durch anhaltende kontinuierliche Information der Ofennutzer, wie sie ihre Holzfeuerstätte effizient und emissionsarm betreiben können. Wir können zudem ja Erfolge und neue Lösungsmöglichkeiten vorweisen. Wie die aussehen und wie wir sie am besten umsetzen, dies müssen wir der Politik und Gesellschaft immer wieder möglichst „unisono“ aufzeigen und erklären. Schließlich sind wir insgesamt gesehen Teil der Lösung und nicht Teil des Problems. Zusammen mit dem BDH und der Messe Frankfurt wird der ZVSHK dieses Engagement für eine nachhaltige Nutzung der Holzenergie auf der ISH 2023 im „ISH Hotspot Wood Energy“ (Hotspot Holzwärme) in Halle 11.0 mit ausgewählten Partnern präsentieren. Im Grunde ist die gesamte Wertschöpfungskette der Holzwärme wichtig, um positive Beiträge zu leisten und zu vermelden. Also Industrie, Ofenbau, Schornsteinfeger, Wald- und Forstwirtschaft, Handel, Verbraucher und Politik. Ohne gute Zusammenarbeit und Kommunikation nach innen in die Branche wird das nicht gelingen. Aber vermutlich muss das Hauptaugenmerk extern auf die Politik und die Verbraucher gelegt werden.
Dr. Wolfgang Schwarz: Solche Aktionen wären sicherlich unter dem Dach des Handwerks und seiner Organisation gut aufgehoben. Auch die Lobbyarbeit, welche insbesondere die Fachverbände SHK Baden-Württemberg und SHK Bayern sowie der ZVSHK in St. Augustin seit Jahrzehnten für die Ofen- und Luftheizungsbauer in ihren Bereichen durchführen, sollte fortgesetzt und durch Zuarbeit und finanzielle Unterstützung von vorgelagerten Vertriebs- und Produzentenstufen unterstützt werden.
Dr. Johannes Gerstner: Wie gesagt: Bei 11,2 Millionen Feuerstätten, Tendenz steigend, sehe ich aus Kommunikationssicht kein öffentliches Imageproblem. Da greifen wir in die falsche Werkzeugkiste. Wir müssen mit Mitteln der professionellen politischen Kommunikation unsere Technologie politisch positionieren und Fragen beantworten. Es gibt aktuell einige Initiativen, die genau da ansetzen. Lassen Sie uns ohne Kleinstaaterei diese Initiativen nutzen, um unsere Technologie „enkelsicher“ zu machen. Im Übrigen sollten uns da auch als Unternehmer nicht nur wirtschaftliche Ziele treiben. Ich bin davon überzeugt, dass die Wärme aus Holz ein absolut notwendiger Bestandteil eines sinnvollen und zukunftssicheren Wärmekonzepts in einer modernen Welt ist. Diese Überzeugung möchte ich auch bei den Entscheidern in der Politik weiterverbreiten. Verbände sind sicherlich eine Möglichkeit, unsere Sache weiter voranzubringen. Darüber hinaus gibt es weitere Initiativen, die man als Industrieunternehmen oder Handwerksbetrieb unterstützen kann, darunter die Initiative #ofenzukunft, die unlängst als politisches Sprachrohr gegründet wurde, aber auch etablierte Netzwerke wie die „Freie Wärme“ und Ähnliches. Es muss aufhören, dass sich einzelne von Branchenteilen abgrenzen und sich besser als der Rest darstellen. Damit gewinnen wir nichts, im Gegenteil. Das ist der sichere Weg in das Ende unserer Branche. Gemeinsam werden wir es schaffen.
Alexis Gula: Wenn wir, wie schon erwähnt, den Austausch veralteter Feuerstätten konsequent durch Überzeugungsarbeit fördern und im Übrigen die Schulung und Beratung der Ofenbetreiber weiter intensivieren, leisten wir sicher einen wesentlichen Beitrag zur Imageverbesserung in der Breite. Moderne Holzfeuerstätten, richtig bedient und mit den geeigneten Brennstoffen betrieben, können guten Gewissens genutzt werden.
K&L-Magazin: Welchen „Kampagnen“-Beitrag kann der Ofenbau-Fachbetrieb auf lokaler Ebene leisten?
Andreas Müller: Die OL-Innungsfachbetriebe schaffen bereits technisch gesehen sehr gute, alternative Wärmelösungen, die auf einer emotionalen Ebene, zum Beispiel über Design und Funktion, zusätzlich nicht nur einen Wohlfühlfaktor, sondern Einspareffekte, Unabhängigkeit und Sicherheit transportieren. Wie diese Öfen in dieser Form emissions- und wartungsarm betrieben werden können, müssen wir nach wie vor aktiv zeigen und beraten. Vielleicht sogar an Infoabenden mit der Kommunalpolitik. Eine präventive Kommunikationsstrategie in Form eines kontinuierlichen Dialogs mit der Kommunalpolitik kann problematische Situationen vermeiden helfen. Am besten zusammen mit der Innung. Übrigens kann hierbei auch die Allianz Freie Wärme (www.freie-waerme.de) mit Tipps und Ratschlägen unterstützen.
Dr. Wolfgang Schwarz: Der Ofenbau-Innungsfachbetrieb ist als Multiplikator positiver Nachrichten auf lokaler Ebene unerlässlich. Er hat die Kontakte zur Gemeinde, der örtlichen Politik sowie den Kundinnen und Kunden, die er entsprechend nutzen sollte. Allein schon durch die regionale Präsenz und die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie vor allem auch durch das Angebot von attraktiven, zukunftssicheren Ausbildungsplätzen können Ofenbau-Innungsfachbetriebe einen wichtigen Beitrag zur Imageverbesserung ihres Handwerks leisten.
Dr. Johannes Gerstner: Den wesentlichen. Wer unsere Produkte fundiert und kompetent gegenüber seiner Kundschaft anbieten kann, der ist ein hervorragender Botschafter für den Holzofen. Diese Grundüberzeugung hilft uns auf der politischen Ebene wiederum, die Vorschläge ehrlich zu vertreten. Jeder kann seinen Beitrag leisten. Wenn wir das dann auch noch sichtbar bündeln können, dann haben wir viel gewonnen. Wie überall gilt: Ohne die Basis ist der Rest wertlos.
Alexis Gula: Einen hohen! Und dabei arbeiten wir als Schornsteinfeger auch mit der Ofenbranche Hand in Hand. Wir beobachten übrigens auch bei Politikern, die selbst eine Holzfeuerstätte besitzen, eine durchaus positive Einstellung dazu, wohingegen solche, die keinen Ofen oder Kamin besitzen, sicher eher eine kritische bis ablehnende Haltung vertreten. Wir als Schornsteinfegerverband haben in Zusammenarbeit mit den Kommunen und Städten ein gutes Instrument, um mit Aufklärung für ein positives Image zu sorgen. Und unsere 200.000 täglichen Kundenkontakte sind bei der Aufklärungsarbeit natürlich auch sehr wertvoll. Ergänzend dazu pflegen wir Kontakte zu den Ministerien, um dort für sachgerechte Information zu sorgen.
K&L-Magazin: In letzter Zeit werden vermehrt Hybrid-Heizsysteme mit Holzwärme (zum Beispiel die Kombination aus wasserführender Feuerstätte und Wärmepumpe) beworben – eine noch relativ junge technische Lösung. Wo sehen Sie noch technologisches Innovationspotenzial, das an Bedeutung gewinnen könnte?
Andreas Müller: Zunächst muss die Holzwärme – sollte es in der GEG-Novelle zu einem 65-prozentigen Pflichtanteil erneuerbarer Wärme in Wohngebäuden kommen – ein möglicher Lösungsfaktor sein. Auch wenn es kein neuer innovativer Ansatz ist, in Verbindung mit neu installierter, effizienter Gas-/Öl-Brennwerttechnik. Denn wir dürfen kostengünstige, aber gleichwohl effiziente Lösungen mit Blick auf die Verbraucher nicht außer Acht lassen. So müssen wir für Millionen von Ein- oder Zweifamilienhäusern mit geringer Gebäudedämmung und geringen Heizflächen mit relativ hohen Vorlauftemperaturen an kalten Wintertagen sinnvolle, effiziente und bezahlbare Lösungen vorhalten. Die Vorteile der jeweiligen Energieträger und Heiztechnologien müssen über ein effizientes und smartes Energiemanagement ausgespielt werden, insbesondere wenn die Heizkosten zu stark ansteigen würden. Es werden Hybridsysteme benötigt, die ihre Vorteile sowohl bei niedrigen Vorlauftemperaturen haben (z. B. Wärmepumpen) als auch Leistungsreserven bei Spitzenlast (z. B. Wärmeerzeugungssysteme zur schnellen und hygienischen Trinkwassererwärmung). Volatile Energieüberschüsse zum Beispiel aus der „sommerlichen“ Solarenergie (PV-Strom und Solarwärme) oder „winterlichen“ Holzenergie müssen über ein intelligentes Lastmanagement in Energiespeichern gepuffert und bei Bedarf ausgespielt werden. Die derzeit bekannten Verfahren zur Energiespeicherung und ihre verfügbaren Speicherkapazitäten werden aber derzeit wohl nicht ausreichen, um (volatile) erneuerbare Energien ganzjährig stabil und zuverlässig nutzen zu können. Der Fokus sollte also in der Forschung und Weiterentwicklung der Energiespeichersysteme in Verbindung mit effizientem Energie- und Lastmanagement liegen. Weiterhin wird es auch um die Frage gehen, welche zukünftige Rolle Power-to-Gas (z. B. EE-Strom zu Wasserstoff) und Power-to-Liquid (EE-Strom zu flüssigen Brennstoffen) einnehmen können und werden.
Dr. Wolfgang Schwarz: Grundsätzlich stellt die von Ihnen skizzierte Lösung der Kombination aus wasserführender Holzfeuerstätte und Wärmepumpe im Moment eine erst seit Kurzem verfügbare beziehungsweise notwendige Kombination auf dem Markt dar. Insbesondere bei niedrigen oder sehr niedrigen Außentemperaturen, wenn die Wärmepumpe relativ hohe Stromverbräuche hat, ist der Einsatz der Holzfeuerstätte besonders sinnvoll. Grundsätzlich sind die vorhandenen Technologien, wenn es um Holzwärme geht, entsprechend hoch entwickelt und nahezu ausgereizt. Im Bereich der Neubauten sollte man unbedingt darauf achten, dass die vorgesehenen Systeme parallel und gut aufeinander abgestimmt betrieben werden können. Neben einer modernen Holzfeuerung sollte auch eine entsprechend zeitgemäße Schornsteintechnik installiert werden. Ebenfalls spielt ein in Europa einzigartiges Zulassungs- und Prüfsystem, das wir bei der Erstellung und dem fortlaufenden Betrieb von Feuerstätten in Deutschland durch die Kaminkehrer haben, ein qualitätssicherndes Momentum dar. Letztlich steht und fällt jedoch alles mit der Qualität des erneuerbaren Energieträgers Holz, das, wenn es getrocknet und gelagert verbrannt wird, die wohlige Wärme verbreitet, welche von den Hausbesitzerinnen und -besitzern geschätzt wird.
Dr. Johannes Gerstner: So jung ist die Idee doch nicht. Früher war es vollkommen üblich, verschiedene Wärmequellen miteinander zu kombinieren. Da, wo ich wohne – das ist im kalten aber schönen Oberfranken – kenne ich kaum ein Haus, in dem nicht ein Holzofen eine Zentralheizung unterstützt. Aufgrund der Infrastruktur und der Kaufkraft ist das dann oft eine Ölheizung in einem allenfalls teilrenovierten Bestandshaus. Jedes Scheit Holz spart hier im wahrsten Sinne des Wortes Öl. Eine wirksamere Dekarbonisierung gibt es doch gar nicht. Lassen Sie uns diese Idee ins 21. Jahrhundert weitertragen. Ein Holzofen, egal ob wasserführend oder nicht, kann eine ökologische, klimafreundliche und bezahlbare Unterstützung eines Heizsystems sein. Das dann eben realistischer in Bestandshäuser von normalen Menschen eingebaut werden kann. Und vergessen wir dabei den „einfachen“ Kaminofen nicht. Er kann doch wunderbar an besonders kalten Tagen und in kritischen Übergangszeiten eine Zentralheizung unterstützen. Und das besonders in Zeiten, in denen kein Ökostrom aus Wind oder Sonne zur Verfügung steht. Das ist doch wesentlich ökologischer, als ausländischen Strom aus Atomkraft oder Kohle zu importieren.
Alexis Gula: Natürlich ist die elektrische Wärmepumpe im Neubau sehr sinnvoll einsetzbar, aber für den Altbau ist sie in bestimmten Fällen nicht unbedingt der Wärmeerzeuger der Wahl. In beiden Fällen ist die Hybridheizung in Kombination mit einer Holzfeuerstätte eine sehr zukunftsweisende Technik. Gerade im Winter, wo wasserführende Öfen und Kamine ja bevorzugt genutzt werden und wo die Wärmepumpe an Effizienzgrenzen stößt, kann die Heizungsunterstützung mit dem Ofen besonders sinnvoll sein.
K&L-Magazin: Ein Blick in die Glaskugel: Welchen Stellenwert hat die individuelle Holzwärme nach Ihrer Einschätzung im Jahr 2030 und welche Merkmale werden eine moderne Holzfeuerstätte in sieben Jahren auszeichnen?
Andreas Müller: Holz garantiert Wärme auf Vorrat! Die individuelle Holzwärme kann im Hinblick auf das Erreichen der energie- und klimapolitischen Ziele als Einzel- oder Hybridlösung ihren bisherigen Stellenwert noch nachhaltig ausbauen. Zum Beispiel beim Ersatz fossiler Brennstoffe, beim Senken von Stromverbrauchsspitzen sowie in Sachen vergleichsweise günstiger regionaler Wertschöpfung und Unabhängigkeit. Insbesondere wenn man bedenkt, dass die Herstellung, Beschaffung und Nutzung des so viel gepriesenen Wasserstoffs noch weitestgehend unkonkret sind. Die moderne Holzfeuerstätte wird im Hinblick auf Verbrennungs- und Emissionsoptimierung weiterentwickelt sein. Vielleicht in der Verarbeitung des Ofensystems materialbedingt, aber vermutlich auch aufgrund verbesserter, digitaler Verbrennungs-/Lüftungssteuerung und marktreifer, flexiblerer Partikel-Abscheidesysteme.
Dr. Wolfgang Schwarz: Aufgrund der derzeitigen energiepolitischen Unwucht ist eine Prognose selbst für einen mittelfristigen Zeitraum von sieben Jahren nahezu unmöglich abzugeben. Dennoch gehe ich fest davon aus, dass Holz als nachwachsende Wärmequelle mindestens den gleichen Stellenwert haben wird wie derzeit.
Sollten die Turbulenzen an den Energiemärkten bezogen auf Öl, Gas und teilweise Strom weiter anhalten, rechne ich damit, dass der Holzfeuerung auch größere Marktpotenziale zugetraut werden können, weil sie beispielsweise selbst bei Black- oder Brown-out ohne Strom funktioniert.
Wie unter dem vorherigen Punkt schon dargelegt, zählen vier Faktoren zur Charakteristik einer modernen Holzfeuerstätte:
Dr. Johannes Gerstner: Die Produkte werden sich weiter verändern, auch im Hinblick auf die veränderten Wohnrealitäten. Die Feuerstätten werden kompakter und effizienter, der Aspekt der Wärmegewinnung wird wieder mehr im Vordergrund stehen. Ambienteheizer und Luxusmöbel sind eine Ecke, aus der wir langsam wieder herauskommen. Holzöfen werden eine Heizlösung sein, die sehr gut in eine ökologische Denkweise des Jahres 2030 passt. Auch wenn der Trend eindeutig zum Smart Home geht, auch in Zukunft werden wir Menschen die beherrschbare und zuverlässige Wärmekraft eines Feuers zu schätzen wissen.
Alexis Gula: Wir glauben, dass Feuerstätten für feste Brennstoffe als versorgungssichere regenerative Heizquelle eine sichere Zukunft haben müssen und auch haben werden. Natürlich werden und müssen sich diese Holzfeuerstätten gerade durch Filtertechnik weiter entwickeln – was im Kaminofenbereich mit dem „Blauen Engel“ schon begann, wird sich auch bei anderen Feuerstättenarten weiter fortsetzen. Die elektronische Abbrandsteuerung wird hier zum Standard werden, und mit Staubabscheidern werden sich auch die Emissionen noch weiter senken lassen.